Matchwinner: 3:3 stand es am Ende. © IMAGO
Lang ist‘s her: WG-Partner Poulsen und Kimmich. © IMAGO
Neuer Look, viel Arbeit: Poulsen will als HSV-Kapitän vorangehen. © IMAGO
Gegen die Bayern treffen? Kann Poulsen! Wie hier im Frühjahr im Leipzig-Trikot, als er die Meisterparty crashte. © IMAGO
Hamburg – Lang ist‘s her: An diesem Samstag (18.30 Uhr) ist der Hamburger SV das erste Mal seit März 2018 Bundesliga-Gegner des FC Bayern. Aber trotzdem hat der Aufsteiger Bayern-Experten in den Reihen. Einer davon: Kapitän Yussuf Poulsen, der den Rekordmeister im Leipzig-Trikot schon mehrfach ärgern konnte. Vor dem Nord-Süd-Gipfel spricht der 31-Jährige im Interview.
Herr Poulsen, als der HSV im letzten Jahr aufgestiegen ist, hat Vincent Kompany im Kabinentrakt zugesehen – und gesagt: „Nächstes Jahr Bayern – HSV, super!“ Ist Ihre Vorfreude ähnlich groß?
Klar! Ich habe immer Vorfreude gespürt, wenn ich gegen Bayern gespielt habe, so ist es diesmal auch. Vor allem, weil ich ja nicht nur einen, sondern mehrere ehemalige Teamkollegen treffe. München ist ein Highlight, aber es ist trotzdem ein normales Fußballspiel. Elf Spieler auf jeder Seite, 90 Minuten und ein bisschen mehr. Wir wollen dieses Spiel gewinnen wie alle anderen auch.
Wie „super“ ist das Duell denn am 3. Spieltag – vor allem, wenn man auf den ersten Sieg wartet?
Es kommt, wie es kommt (lacht) – wir können den Spielplan nicht beeinflussen. Aber wenn ich mir vor der Saison einen Zeitpunkt hätte aussuchen können, hätte ich gesagt: Nach einer Länderspielpause wäre es perfekt. Denn die Bayern haben viele Nationalspieler – und nun eine kurze Vorbereitung.
Außerdem gibt es eine Statistik, die den HSV als Favoriten aufweist: die der gewonnenen Zweikämpfe in dieser Saison.
Wirklich? Das finde ich sehr interessant. Denn nach dem Derby gegen St. Pauli haben mir alle gesagt, dass Pauli besser war in den Zweikämpfen. Ich hatte das schon nach dem Spiel anders empfunden. Und genau das müssen wir auch am Samstag machen. Wir müssen in den Zweikämpfen da sein, an uns glauben, von der ersten bis zur letzten Minute. Denn dass das Spiel schwierig wird, ist uns allen bewusst.
Selbst Ihr Ex-Verein Leipzig ist mit 0:6 unter die Räder gekommen…
Bayern ist Titelfavorit. Deshalb ist es auch egal, ob man als HSV nach München fährt, als Leipzig oder sonst wer: Man muss seine Bestleistung bringen. Sonst können solche Tage bitter werden.
Dass aber auch die Bayern verwundbar sind und noch nicht sattelfest, hat man in Wiesbaden und Augsburg gesehen…
Das ist das Eine. Aber das Andere ist, dass sie trotz der spannenden zweiten Halbzeiten die maximale Punkteausbeute geholt haben und im Pokal eine Runde weiter sind. Denn ich weiß aus Erfahrung: Wenn die Bayern wütend sind, wenn sie verloren haben, dann schlagen sie doppelt zurück.
Kennen Sie Ihre Bilanz gegen Bayern?
Nicht auswendig. Aber ich weiß, dass sie in den letzten Jahren gar nicht so schlecht war.
18 Spiele, 2 Siege, 6 Unentschieden, 10 Niederlagen. Und es ist der Club, gegen den Sie in Ihrer Karriere am häufigsten gespielt haben.
Das habe ich mir gedacht, weil mein guter Kumpel Joshua Kimmich auch mein häufigster Gegenspieler in der Bundesliga bislang gewesen ist…
Er war einst Ihr WG-Partner in Leipzig und Sie hatten gemeinsam einen Karriereplan. Ist darin auch vorgekommen, dass Sie sich mit über 30 noch duellieren?
Ganz ehrlich: nein. Denn mit 19 oder 20 ist die 30 noch so weit weg. Wir dachten: Wenn wir 30 sind, hören wir bestimmt bald auf (lacht). Aber daran denken wir beide noch nicht. Ich freue mich jedes Mal, gegen ihn zu spielen. Und denke mir: Irgendwas haben wir beide richtig gemacht.
Es heißt, er habe Sie „ein bisschen erzogen“ – sind Sie inzwischen ordentlich?
Und wie! Eine WG mit Josh war eine Schule fürs Leben (lacht). Wir haben uns schon beide etwas beigebracht in den zwei Jahren. Das war genau der richtige Zeitpunkt, in denen unsere Wege sich gekreuzt haben.
Was konnten Sie ihm denn geben?
Ihm beibringen, dass er auch mal locker bleiben soll (lacht). Das klappt deutlich besser seitdem.
Welcher Bayern-Spieler hätte heute ein WG-Zimmer in Ihrer WG?
Auf jeden Fall nicht Joshua! Der hat vier Kinder, dazu meine zwei – das wäre zu viel…
Beste Erinnerungen dürften Sie an Ihr letztes Duell mit Bayern haben. Damals haben Sie den Bayern die Meisterschaft verhagelt, mit dem 3:3 in der Nachspielzeit. Versalzen Sie diesmal die Wiesn?
Dann würde ganz München mich verteufeln, oder?! Aber im Ernst: Natürlich versuche ich wieder entscheidend zu sein in dem Spiel.
Sie stehen vor Ihrem ersten Startelfeinsatz. Wie viel Hamburger sind Sie denn schon?
Ich hatte gerade das erste Mal in meiner Karriere drei Tage hintereinander frei – und ich habe mich dazu entschieden, sie in Hamburg zu verbringen. Langsam werde ich Hamburger. Ich kenne die Stadt immer besser, die besten Spielplätze, die besten Restaurants, die man auch als vierköpfige Familie besuchen kann. Mir gefällt’s!
Ihre Mission ist klar: Bundesliga-Erfahrung, Aufstiegs-Experte. Ist das Ehre – oder auch viel Druck?
Ich bin Kapitän, aber ich spüre keinen Druck, sondern viel Ehre. Das ist aber mein Naturell, seit mehr als zehn Jahren. Ich lasse mich nicht verrückt machen, bin selbst mein größter Kritiker. Egal, ob in der Champions League oder im Kampf um den Klassenerhalt, dem wir uns stellen müssen, wollen und werden.
Merkt man beim HSV – einem Traditionsclub mit großer Medienlandschaft – auch, dass Drumherum mehr Unruhe bzw. Trubel herrscht?
Das ist eine gute Frage, denn: Ich lese keine Zeitung, verfolge die Medien über mich nicht. Da bleibe ich mir in Hamburg treu, merke also keinen Unterschied.
Aber wenn am Montag drin steht: „Poulsen stiehlt Harry Kane die Show“, lesen Sie unsere Zeitung, okay?
Deal (lacht)!
INTERVIEW: HANNA RAIF