Owen Ansah im Miniatur Wunderland. © Imago
„Wir sind auf dem richtigen Weg“: Die Sprint-Staffel könnte für eine Überraschung sorgen. © Imago
Bei den Olympischen Spielen von Paris sprintete Owen Ansah (mitte) im Vorlauf neben Superstar Noah Lyles. Jetzt kann sich Ansah wieder „mit den Besten der Welt messen“. © White/Imago
„Wir hatten richtiges Hamburg-Wetter“, sagt Owen Ansah lachend. Im sogenannten Pre-Camp der deutschen Leichtathleten in Miyazaki gab es starke Regenfälle. Am Wochenende beginnt die Weltmeisterschaft in Tokio und Ansah fühlt sich bereit. Letztes Jahr knackte der 24-Jährige als erster deutscher Sprinter die 10-Sekunden-Marke. Im Interview mit unserer Zeitung spricht Ansah über eine Medaille für den Sohn und die eigene Figur im Miniatur Wunderland.
Owen Ansah, wie wichtig war Gold bei der Deutschen Leichtathletik-Meisterschaft im Hinblick auf die WM in Tokio?
Ich konnte noch mal ordentlich Selbstvertrauen tanken. Im Mai war ich einen Monat lang raus, ich hatte eine Zerrung und konnte nicht richtig trainieren. Es tut unfassbar gut, dass ich so zurückgekommen bin und den Titel gewinnen konnte. Das zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. So kann es gerne weitergehen, ich fühle mich bereit für die WM! Das ist so eine große Bühne für die Leichtathletik. Du kannst dich mit den Besten der Welt messen. Ich weiß: Wenn ich cool und locker bin, kann ich immer schnell laufen.
Wie fühlt sich das an, wenn man als schneller Mann plötzlich ausgebremst wird und einen Monat nicht richtig sprinten kann?
Das ist definitiv kein cooles Gefühl (lacht). Du siehst, wie die anderen schnelle Zeiten auf die Bahn bringen, darf aber selbst nur zuschauen. Man muss sich dann selbst bremsen. Das war mental anstrengend. Solche Situationen zeichnen Athleten aber auch aus. Man muss die Ruhe bewahren, die nötigen Aufgaben abarbeiten und dann stärker zurückkommen. Die Pause hat mir letztendlich gutgetan, ich komme gerade richtig in Schwung.
Die deutsche Sprintszene ist in den letzten Jahren immer stärker geworden. In Tokio wird eine starke Staffel an den Start gehen.
Das macht super viel Spaß. In den letzten Jahren war es immer klar, wer die Staffel läuft. Jetzt haben die Bundestrainer eine große Aufgabe, wen sie letztendlich auf die Bahn stellen. Wir haben es denen verdammt schwer gemacht. Ich habe das auch bei den Deutschen Meisterschaften gemerkt: Ich hatte es mir etwas leichter vorgestellt (lacht). Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Letztes Jahr sind Sie einen neuen deutschen Rekord gelaufen und waren bei den Olympischen Spielen in Paris. Hatten Sie zwischendurch Zeit, das alles mal zu verarbeiten?
Nach dem Rekord ging alles brutal schnell weiter. Paris stand direkt vor der Tür, da bist du wie im Rausch. Bei den Olympischen Spielen habe ich mir einen Muskelbündelriss zugezogen. Die Zeit und Ruhe konnte ich nutzen, um zu realisieren, was ich da eigentlich alles geschafft habe. Das habe ich als Motivation genutzt, um in die aktuelle Saison zu starten. Olympia war eine krasse Erfahrung. Das hat mir gezeigt: Hey, du hast zwar einen deutschen Rekord, aber hier weht ein anderer Wind. Da muss man noch schneller laufen, um in irgendein Finale zu kommen.
Beflügelt der deutsche Rekord noch? Immerhin haben Sie Geschichte geschrieben.
Genau das ist es. Es kann noch jemand unter zehn Sekunden laufen, aber er wird nicht der Erste sein. Da wird für immer mein Name stehen. Das kann mir keiner mehr wegnehmen. Das ist ein unheimlich schönes Gefühl.
Sie durften sich sogar mit einer eigenen Figur im Miniatur Wunderland in Ihrer Heimatstadt Hamburg verewigen.
Damit hätte ich nie gerechnet (lacht). Ich war als Kind ein paar Mal da und habe mir die Figuren angeschaut. Jetzt stehe ich mit 24 Jahren selbst dort, das ist einfach nur überragend.
Den deutschen Rekord haben Sie Ihrem Vater gewidmet, für wen ist der nächste Erfolg bestimmt?
Mein Sohn schaut mir immer zu. Er ist zwei Jahre alt und macht auch immer die Startposition nach (lacht). Die nächste Medaille oder den nächsten Rekord widme ich meinem Sohn.
NICO-MARIUS SCHMITZ