Der Mann für die Crunchtime

von Redaktion

Leader Schröder führt Deutschland in den letzten Sekunden zum EM-Sieg

MVP: Im Schnitt lieferte Schröder 20,3 Punkten und 7,2 Assists. © IMAGO/Wunderl

Extrovertierter Anführer und Familienmensch: Dennis Schröder mit Mama Fatou, Frau Ellen, Bruder Che und den Kindern Dennis Malick jr. (6), Imalia Aaliyah (5) und Amari (2). © Sampics

Riga – Um ein Haar wäre die Party ins Wasser gefallen. „Hätte ich verloren, hätte ich meinen Geburtstag nicht gefeiert“, sagte Dennis Schröder, als es in Riga auf Mitternacht zuging. Kurz zuvor hatte sich der Kapitän auf dem Parkett ganz nebenbei auch selbst beschenkt. Schröder war mal wieder der entscheidende Mann, wie schon bei der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren in Manila führte der Spielmacher die deutschen Basketballer zum Europameistertitel, ist das Gesicht, der Kopf einer goldenen Generation.

Der 32-Jährige redet, wie er will. Er präsentiert sich, wie er will. Und er will zuallererst Dennis Schröder sein. Niemand anders. Der ständige Vergleich prägte lange seine Karriere. So ist das nun mal in einem Land, das nur Dirk Nowitzki als den Archetypen eines Basketballstars kannte. Schröders Jugendjahre dienten der Emanzipation. Er tat das laut. Mit schönen Uhren, schnellen Autos, großen Worten. Ein großer, spießiger Teil des Landes nahm ihm das übel und tut es noch immer. Die Jugend aber versammelte sich schon früh hinter Dennis Schröder, sah zu ihm auf. In seinen Live-Schalten und Videos nahm er sie mit in die Welt der Stars, zeigte ihnen das Leben eines schwarzen Basketballprofis. Dort bekommt man alles zu sehen, von den süßen Seiten bis zu den schmerzhaften, diesem unplanbaren Hin- und Her-Reichen der NBA. 5,6 Millionen Menschen verfolgen ihn auf dem Sozialen Netzwerk Instagram – fünfmal so viel wie Nowitzki.

Dennis Schröder hat es geschafft sich zu befreien. Der Weltmeister-Titel vor zwei Jahren bedeutete Erlösung. Dieses EM-Gold – samt Krönung zum wieder einmal besten Spieler des Turniers (MVP) – Vollendung. Aller Voraussicht nach wird der Aufbauspieler einziehen in die Ruhmeshalle dieses Sports, der Hall of Fame. Die erfolgreichsten Jahre des deutschen Basketballs werden in die Geschichte eingehen als die Dennis-Schröder-Ära. Angefangen im Jahr 2014 „im Mittelmaß“, wie er sagt, als sie beide – der alte Dirk und der junge Dennis – nebeneinander existierten.

Nun blicken sie gemeinsam vom Basketball-Olymp aus hinunter auf die Skeptiker. Diesmal rechnete Dennis Schröder nicht mit ihnen ab. Er steht über ihnen. Das machte er klar. Stattdessen hielt er fest: „Ich bin auch nicht immer einfach.“ Längst hat er ein neues Stadium als Sportler erreicht. Es geht nun um sein Erbe. Erinnert werden will er zuvorderst als Familienvater. Sein ältester Sohn Dennis Junior saß mit ihm auf dem Presse-Podium, gratulierte dem Papa als Erster nach Mitternacht zum 32. Geburtstag, entgegnete ihm, als die Europameister-Kollegen ihn vor versammelter Presse in Wasser tränkten: „Ab zur Dusche.“ Was Schröder noch ist: Idol der Jugend, Herz der Mannschaft, formvollendet als Aufbauspieler, wie seine zwölf Vorlagen und der Treffer im entscheidenden Moment gegen die Türken erneut bewiesen.

Nach einer komplizierten ersten Hälfte ohne Treffer aus dem Feld („ein sehr, sehr schwieriges Spiel für mich“) übernahm der Leader, spielte seine Qualitäten, sein Tempo aus, und machte die letzten sechs Punkte des Spiels. „Für diese Momente lebt man. Als es spannend wurde, habe ich den Ball genommen und draufgeballert“, so Schröder. Für Trainer Alan Ibrahimagic gar nichts Besonders: „Wir wissen, dass er da ist, wenn es drauf ankommt. Es wurde erwartet, dass er explodiert.“ Ein paar Steine plant er noch, auf dieses Vermächtnis zu setzen. „Bis ich 40 bin, will ich weitermachen. Wir wollen weitere Medaillen und Trophäen“, sagte Schröder.ANDREAS MAYR

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