Späte Tore: Glück oder Können?

von Redaktion

Last-Minute-Treffer lassen 1860 jubeln – für Glöckner Ausdruck von Qualität

Könnte die Welt umarmen: 1860-Trainer Glöckner. © IMAGO

Raus mit den Emotionen: Kapitän Verlaat. © IMAGO

Der Mann, der aufmüpfige Gegner verstummen lässt: Patrick Hobsch, Spezialist für späte Tore. © IMAGO / Ulrich Wagner

München – Zwei Tore nach der 89. Minute in Aachen (2:0), Ausgleich gegen Stuttgart in der 90.+7 (1:1), Siegtreffer gegen Havelse in der 90.+6. Minute (3:2). Die späten Treffer von Hobsch & Co. erinnern an Leverkusen in der Meistersaison. Die Löwen-Fans baden im Last-Minute-Adrenalin, sind aber bei der Frage gespalten, wie belastbar das aktuelle Erfolgsrezept ist: Ist der Lucky Punch eine neue Qualität der Glöckner-Elf? Oder beansprucht der Tabellenzweite der 3. Liga gerade ein bisschen zu sehr das Glück?

Von Hermann Gerland, dem Kulttrainer, stammt der philosophische Satz: „Immer Glück ist Können!“ Zumindest Patrick Glöckner scheint den Höhenflug seiner Löwen ähnlich einzuschätzen. Im Kreis nach dem Spiel habe er nur ein Wort an die Mannschaft gerichtet: „Geil!“ Danach in der Pressekonferenz wurde er etwas ausführlicher, blieb aber in der Sache dabei, dass späte Tore Ausdruck von Qualität sind – und auf eine mentalitätsstarke Truppe hindeuten, die zu jedem Zeitpunkt einer Partie zurückschlagen kann. „Wir glauben bis zum letzten Spielzug daran, ein Spiel noch drehen zu können“, schwärmte der 1860-Coach: „Das macht unheimlich viel mit uns, denn das sind die wichtigsten Dinge, die du in der Saison brauchst. Alles andere lässt sich korrigieren.“ Seine Schlussfolgerung: „Man kann ein Spiel über längere Distanz kontrollieren, man kann viele Dinge herbeirufen, aber die Gabe, auf diese eine Situation zu warten, das ist schon außergewöhnlich. Das macht wirklich Spaß mit den Jungs, und man hat ja auch gesehen, wie die Fans danach ausgerastet sind.“

Und was sagt der Mann, der die Kurve erneut zum Beben brachte? „Das war unfassbar“, beschrieb Patrick Hobsch den Moment, als er das Zuspiel von Sean Dulic freistehend ins Havelse-Tor gelenkt hatte: „Das Stadion ist explodiert. Jeder hat es gefühlt. Was hier los war nach diesem Last-Minute-Treffer: Hut ab! Ich bin echt verwundert, wie gut wir gespielt haben – dafür, dass wir in Unterzahl waren. Dann bei der letzten Aktion noch so einen überlegten Angriff zu spielen! Sean hatte da eine super Übersicht – und ich das Glück, dass ich einfach dastehe.“

Also doch Glück? Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem, aus einem günstigen Momentum und dem Vertrauen in die eigenen Qualitäten. Am Mittwoch in Rostock würde sich keiner wehren, wenn es wieder so liefe. Wird schwer genug, ohne den gesperrten Volland beim Topfavoriten anzutreten. Thomas Dähne, bis zum Sommer Bundesliga-Keeper in Kiel, hat einen guten Ratschlag für sein neues Team: „Wir müssen rigoroser sein und die Spiele einfach mal früher töten, denn wenn wir das dritte oder vierte Tor nachlegen, dann passiert beim Gegner überhaupt nichts mehr.“ Dähne ahnt allerdings: „1860 kann nur Spektakel im Moment.“ULI KELLNER

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