Riga – Vor gar nicht allzu langer Zeit war Isaac Bonga einmal eine Aktie, auf die in der besten Liga des Planeten, der NBA, gewettet wurde. In dieser kalten, herzlosen Welt lernte ein junger Isaac Bonga, wie wichtig es ist, den Verführungen und Ja-Sagern zu widerstehen – und wie schwer das fällt. Das „Nein-Sagen“ habe er erst lernen müssen, verriet Bonga kürzlich im Gespräch mit Kollege Moritz Wagner. Nun, jetzt wartet die ultimative Herausforderung auf den 25-jährigen Profi aus Neuwied. Kann er Nein sagen zu den Lockrufen aus der NBA, die nach diesem Meisterstück auf ihn treffen? Das Finale der Europameisterschaft war ein Prisma, durch das die Basketballwelt neu auf diesen Mann blickte und endlich erkannte, was in ihm schlummert: der wohl beste Verteidiger des Kontinents, zu dem wurde er zumindest von den Experten bei dieser EM gewählt. Mehr noch, ein Tausendsassa, der auf so vielfältige Weise ein Spiel an sich reißen und in eine Richtung biegen kann. Im siegreichen Finale gegen die Türkei traf er jeden seiner vier Dreier, kam auf 20 Punkte und erhielt die Auszeichnung zum Spieler des Spiels.
Einige Teams haben noch Platz auf ihrer Gehaltsliste und akuten Bedarf an einem solchen Spieler. Sein Vertrag bei Partizan Belgrad läuft zwar noch bis 2027, ist auf etwas mehr als eine Million Euro Jahresgehalt dotiert, enthält aber nach Informationen unserer Zeitung auch eine Ausstiegsklausel für eben jene Traumfabrik NBA. Ob er sich nochmals aufmacht? Versuch eins endete nach vierjährigem Anlauf und Stationen in Los Angeles, Washington und Toronto im Jahr 2022. Wobei das alles ein schreckliches Missverständnis war. Vor seiner Ankunft pries man Isaac Bonga als Spielgestalter in Übergröße a la Luka Doncic an. Gewiss, sein Spielverständnis ist überdurchschnittlich. Doch rückwirkend muss, man sagen, casteten ihn die Späher für die falsche Rolle. Bongas riesengroßes Talent ist das Verteidigen.
Seine Kombination aus Tentakelarmen, Schnelligkeit und Sprungkraft lassen Stunts zu, zu denen sonst kaum einer in der Lage ist. Mal boxt er sich mit den Bullen unter dem Korb, mal fängt er die Flitzer weit weg davon ein. Sein Arsenal im Angriff erweiterte er über die Jahre, legte sich etwa einen gefährlichen Distanzwurf zu, was ihn nun heiß begehrt in der NBA macht. Und Bonga gehört zu der Sorte Spieler, die einfach alle um sich herum ein kleines bisschen besser machen, auch wenn keiner genau weiß, wie er die Fähigkeiten der anderen multiplizieret. „Wir nennen ihn unser Schweizer Taschenmesser“, sagt Trainer Alan Ibrahimagic.
Bereit ist er für eine Rückkehr in die NBA. Das sah auch die Mannschaft so. Sie brüllte die ganze Nacht: „Von Riga in die Liga“. Und damit war die NBA gemeint. ANDREAS MAYR