Manuel Neuer mit Trainer Michael Rechner. © IMAGO/Ruiz
Nicht völlig frei von Kritik: Oliver Baumann, Nummer eins in Hoffenheim und beim DFB. © IMAGO/Engler
München – So richtig gute Erinnerungen an München hat Oliver Baumann in letzter Zeit nicht sammeln können. Ja, der Keeper hat im Hoffenheim-Trikot seit 2014 schon fünf Mal gegen den FC Bayern gewinnen können, aber gerade die letzte Saison war eine zum Vergessen. Neun Mal (4:0, 5:0) musste der 35-Jährige in den beiden Duellen mit dem späteren Meister hinter sich greifen. Das soll an diesem Samstag (15.30 Uhr) beim nächsten Aufeinandertreffen mit den Branchenprimus freilich anders werden – zumal inzwischen ja nicht mehr nur eine beschauliche Stadt im Kraichgau, sondern eine ganze Nation auf Baumann schaut.
Keinen Monat ist es her, als Julian Nagelsmann den Mann, der erst mit 34 Jahren und 134 Tagen für die Nationalmannschaft debütierte, zur Nummer eins im deutschen Tor gemacht hat. Seitdem hütete Baumann die DFB-Pfosten ohne großen Fehler, offenbarte aber im Hoffenheim-Trikot einige ungewohnte Schwächen. Erst nach dem 4:2 gegen Union Berlin in der vergangenen Woche stellte sich sein Trainer Christian Ilzer demonstrativ vor ihn. Dass ein Gegentor auf Baumanns „Kappe“ gehe, „wissen wir alle hier im Raum“, sagte der Coach. Doch „viele Dinge“, die der Torhüter für das Team getan habe, seien „einfach großartig“.
Baumann ist einer, der gerne vorweggeht. Einer, der antreibt. Einer, auf den man sich verlassen kann. Aber er hat als deutscher Stammkeeper dasselbe Problem, das alle anderen auch hätten. „Jeder will einen neuen Manuel Neuer haben“, sagt Adi Music, der sich in seiner Torwartschule bei München tagtäglich mit Keepern auf allerhöchstem Niveau beschäftigt. Dabei sei das genau der falsche Weg. Baumanns Stil stehe für sich – und der Hoffenheimer Kapitän habe durchaus Fähigkeiten, die seinen neuen Job rechtfertigen. „Ein sehr guter Torwart mit gutem Reflex, dazu reich an Erfahrung“, sagt Music. Das hat ihm übrigens Bayerns Torwarttrainer Michael Rechner schon erzählt, als er noch lange nicht an der Säbener Straße angestellt war.
Rechner kennt Baumann bestens, schließlich war der heutige Neuer-Trainer acht Jahre lang bei der TSG Hoffenheim. Auch in München war damals aufgefallen, dass der 45-Jährige exzellente Arbeit verrichtet, bestes Beispiel: Baumann. Als Toni Tapalovic gehen musste, war der Weg nach München für den Wunschcoach des damaligen Bayern- und heutigen Bundestrainers Julian Nagelsmann frei. Nun arbeitet der Ex-Coach der neuen Nummer eins mit der Ex-Nummer-eins zusammen. Und zwar so erfolgreich, dass die Debatte um eine Rückkehr Neuers in die Nationalmannschaft dauerhaft geführt wird. Auch Ilzer hat sie vernommen, nennt sie „Teil des Geschäfts“, mit dem Baumann aber „umgehen“ könne.
Laut Vincent Kompany merkt man Neuer eine Stärke an, die Baumann wohl nie bekommen kann: „Man kann ihm nichts mehr wegnehmen von dem, was er erreicht hat. Man spürt, dass wir einen Spieler haben, der jede Woche zeigen kann, wie gut er ist. Aber ohne den Druck, dass er es noch beweisen muss“, erklärte der Bayern-Trainer. „Er hat die Mischung zwischen hundertprozentigem Fokus und trotzdem Lockerheit. Irgendwann ist das diese Sonne, in der du lebst. Und das ist im Moment bei Manu so.“
Adi Music freut sich auf das Spiel, auch wenn er insgeheim am liebsten einem jungen Mann im Tor zusieht, der am Samstag nicht auf dem Feld stehen wird. Der Experte aus Kroatien sagt: „Die Nummer eins der Zukunft ist Jonas Urbig – beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft.“HANNA RAIF