Zachary Whitehead führte die Munich Cowboys ins Halbfinale. © IMAGO/Kecker
München – „Ich kann nicht klar denken, ich muss erstmal Bier trinken“, seufzte Gerald Meier kurz nach Abpfiff. Wie der Großteil der Zuschauer hatte der Sportdirektor der Munich Cowboys noch nicht ganz verarbeitet, was da in den vergangenen drei Stunden passiert war. In einem historischen Spiel bezwang das Münchner Traditionsteam den großen Favoriten aus Berlin mit 44:31 nach Verlängerung und steht erstmals seit 2001 im Halbfinale der German Football League.
„Wir sind der klare Außenseiter, aber es wird sich lohnen, diese Partie anzuschauen“, hatte Meier vor dem Viertelfinale angekündigt und sollte mehr als Recht behalten. Bereits früh war bei 30 Grad im Dantestadion zu erkennen, dass die Cowboys einen guten Tag erwischt hatten. Immer wieder fand Quarterback Zach Whitehead seinen besten Passempfänger Gabriel Boccella und bereitete Berlin große Probleme. „Wir waren sehr fokussiert und perfekt auf den Gegner eingestellt“, so Whitehead. Berlin – das vor drei Wochen in der regulären Saison noch mit 28:10 gewonnen hatte – konnte aber immer kontern. Quarterback Connor Kaegi brachte wiederholt tiefe Pässe an den Mann und ließ die Cowboys nie davonziehen. „Aus sportlicher Sicht hasse ich den Typen“, hatte Meier vor der Partie über Kaegi gesagt. Größer wurde die Sympathie an diesem Tag nicht.
Die knappe 20:14-Halbzeitführung der Münchner hielt allerdings nur kurz. Angeführt vom überragenden Runningback Nazar Bombata drehten die Rebels das Spiel und führten auf einmal mit 24:20. „Uns war allen klar, dass es gerade im Laufspiel extrem physisch werden würde und wir dagegenhalten müssen“, erklärte Whitehead. Seine Defensive konnte das in dieser Phase allerdings nur bedingt umsetzen. Bei noch zwei Minuten auf der Uhr und einem Spielstand von 23:31 aus Cowboys-Sicht schien alles den erwarteten Gang zu nehmen. Doch im Laufe dieser verrückten Saison mit so vielen dramatischen Spielen, die gerade zu Jahresbeginn nicht immer glücklich für die Münchner ausgegangen waren, hatte das Team viel gelernt: „Wir haben verstanden, wie man enge Spiele gewinnt. Wie man in den wichtigsten Momenten am besten performt“, erklärte Cheftrainer Christos Lambropoulos. Und so sorgten ein Touchdown von Fabian Kempter und eine improvisierte Two-Point-Conversion von Boccella tatsächlich noch für den Ausgleich. . In der Folge gab es nach einem Fumble der Berliner per Field Goal sogar noch in der regulären Spielzeit eine Siegchance, doch Kicker Max Mittasch versagten die Nerven.
Also Verlängerung: Und wieder waren die Cowboys im wichtigsten Moment in Höchstform. Ein Touchdown von Mustafa Othman-Kaldun und ein von der Defensive in die Endzone getragener Ballverlust der Berliner ließen das Dantestadion endgültig eskalieren. 44:31, Halbfinale für die Cowboys! „Ich kann nicht in Worte fassen, wie glücklich ich für all die Leute hinter den Kulissen und die Fans bin. Sie haben sich diesen Moment, auf den sie so lange warten mussten, sehr verdient“, so Lambropoulos. Am Samstag (15 Uhr) wartet nun die Übermannschaft aus Potsdam. Zuvor werden die Cowboys aber ihren historischen Sieg auf dem Oktoberfest gebührend feiern.CLAAS SCHÖNFELD