Taktikfüchse: Kimmich und Kompany im Gespräch. Beide können das Spiel gut lesen. © Wagner/Imago
München – Es ist noch nicht lange her, da waren die Debatten vor jedem großen Spiel des FC Bayern die gleichen: Ist die Pressing-Taktik von Vincent Kompany zu riskant oder nicht? Schließlich gab es gute Gründe für beide Seiten. Nachdem das Münchner Offensivspiel unter Thomas Tuchel eingeschlafen wirkte, weckte Kompany mit seinem Offensivfußball neue Euphorie und ließ durch sein hohes Pressing die – zumindest kleineren – Mannschaften in der Bundesliga kaum zum Atmen kommen.
Auf der anderen Seite standen die Auftritte in der Champions League: Gegen Barcelona, Aston Villa oder Rotterdam ließ man sich recht plump auskontern. Das naive Auftreten gegen Inter im Viertelfinale kostete letztendlich das Weiterkommen.
In dieser Saison sind die Bayern aber defensiv deutlich gefestigter. Das zeigte nicht nur der Auftritt gegen Chelsea, sondern auch die Statistik: Der FC BAyern hat im Schnitt mehr Ballgewinne als letzte Saison (9 statt 6), weniger Ballverluste (um zehn Prozent gesunken) und macht weniger Fehler, die zu gegnerischen Abschlüssen führen (nur noch 4 statt 16).
Woran liegt das? Joshua Kimmich erklärt die geänderte Taktik so: „Die Art und Weise, wie wir spielen, gefällt mir momentan sehr, sehr gut. Das Spiel gegen Chelsea war eine reife und erwachsene Vorstellung“, sagt der Sechser. „Wir hatten Phasen, in denen wir tiefer verteidigt hatten. Das ist für uns auch sehr, sehr wichtig, dass wir nicht nur Phasen haben, wo wir hoch pressen.“ Durch das hohe Pressing wurde gegen die Londoner sowohl der Ballgewinn vor dem Elfmeter als auch dem Treffer zum 3:1 provoziert. „Das wissen wir, dass wir da gefährlich werden können. Aber für uns war es wichtig, dass wir Phasen hatten, in denen wir tief verteidigen und nichts zulassen.“
Heißt: Phasenweise ist es für den Rekordmeister kein Problem, den Gegner kommen zu lassen und gegebenenfalls selbst auszukontern. Dadurch kann außerdem kurzzeitig Kraft gespart werden – die dann in den gemeinsamen Pressing-Momenten genutzt wird.
Vincent Kompany erklärt die neue Stabilität so: „Verbessern kann man sich nicht durch radikales Ändern, sondern nur durch Lernen“, so der Coach, der ausführt: „Es ist kein Problem, wenn wir mal tief stehen, wenn sich die andere Mannschaft das verdient hat. Wenn nicht, dann sind wir da. Das gab es auch im Spiel gegen Chelsea, da lief das sehr gut.“ Wie gesagt: erwachsen.V. TSCHIRPKE, M. BONKE, H. RAIF