Ein kongeniales Duo – auf und neben dem Feld. © Imago (2)
„Breitnigge“: Paul Breitner (li.) und Karl-Heinz Rummenigge hatten ein Gespür füreinander.
München – Als Karl-Heinz Rummenigge am Mittwoch gemeinsam mit seiner Nichte Nala (16) zum (vorgezogenen) Geburtstagsfest lud, war auch die Familie Breitner zugegen. Ein schöner Termin, logisch, denn „nach wie vor“, sagt Paul Breitner gegenüber unserer Zeitung, „verbindet uns eine wunderbare Freundschaft“. Was in den achtziger Jahren auf dem Platz begann, ging schnell über den Rasen hinaus. Und trotzdem muss – oder darf! – Breitner den 70. seines kongenialen Partners zum Anlass nehmen, noch einmal über geniale Pässe, blindes Verständnis und 100-prozentige Torchancen zu sprechen.
Der 74-Jährige tut das gerne, denn er nennt das Zusammenspiel mit Rummenigge noch heute „einen Hochgenuss“. Wer mit Gerd Müller und Franz Beckenbauer auf dem Feld stand, tut sich mit einer Rangliste schwer, „aber Kalle“, sagt Breitner, „war einer der Besten, mit denen ich jemals zusammen gespielt habe“. Die beiden suchten sich, fanden sich, sie wurden „Breitnigge“, nur die Bezeichnung „blindes Verständnis“ will der Chef-Stratege nicht hören. Seine Version: „Wir haben ein Gespür dafür entwickelt, was der andere tut. Antizipieren ist das richtige Wort dafür. Hätten wir Schach gespielt, hätte man gesagt: Die zwei denken immer zwei, drei Züge voraus. So hebt man sich von Mittelmaß ab.“
Dass Rummenigge es besser kann als viele andere, hat Breitner schnell erkannt. Und so gab er im Jahr 1978 den Anstoß für die Rolle, in der der heutige Jubilar zu einem der Weltbesten wurde. Pläne von Trainer Dettmar Cramer, aus Rummenigge einen Spieler wie Johan Cruyff zu machen, wurden verworfen, gefielen Breitner nicht. „Karl-Heinz musste sich frei bewegen können, frei Schnauze, sein Näschen war so gut“, sagte er auch Rummenigge selbst – mit dem Zusatz: „Wenn du dich aber vom Gedanken löst, für andere Verantwortung übernehmen zu müssen, bin ich sicher, dass du in zwei, drei Jahren der Beste weltweit bist.“ Gesagt, getan. Und bestens von Breitner in Szene gesetzt.
Was „Kalle“ besonders gefiel: Nach hinten sollten andere rennen, auch die, die sich beschwerten, dass Breitner im Vorwärtsgang immer Rummenigge suchte (und fand). „Plop hat‘s gemacht, dann war er Ball bei ihm“, sagt er lachend. Und in „neun von zehn Fällen folgte mindestens eine Großchance“. Ob das heute noch funktionieren würde? „Wir wären genauso gut, genauso überragend, aber mit einer anderen gemeinsamen Spielweise.“
Apropos überragend: Eine Lieblingsanekdote muss noch sein. 1982, Nationalmannschaftsreise nach Brasilien und Argentinien, obligatorische Frage: „Herr Breitner, wer ist der beste Fußballer – Maradona oder Zico?“ Breitners Antwort: „Rummenigge.“ Totenstille. Aber ernst gemeint.