Experten: Tarlac mit Bundestainer Mumbru. © IMAGO
Der Ball ist sein Freund: In der Halle hat Tarlac noch die Gedanken des Spielers – immerhin hat er selbst eine erfolgreiche Karriere hinter sich.
München – Dragan Tarlac stand ein bisschen unter Druck. Der Serbe musste sich noch umziehen. Für den offiziellen Wiesn-Besuch seiner Basketballer des FC Bayern. Und das war kein gewöhnlicher – zum ersten Mal führte Tarlac den Deutschen Meister als Chef auf die Theresienwiese.
Anfang Juli löste der 52-Jährige Basketball-Dauerbrenner Marko Pesic an der Spitze des Clubs ab. Ok, das tat er nicht alleine, die Bayern stellten ihm für den kaufmännischen Part Funktionärs-Eigengewächs Adrian Sarmiento zur Seite. Tarlac aber ist das unbestrittene Gesicht des Sports. So ist auch der Kader, der am Freitag (20 Uhr) gegen Aufsteiger Jena in das Unternehmen Titelverteidigung startet, vor allem sein erster Arbeitsnachweis.
Vor allem das hatten die Bayern ja auch im Auge gehabt, als sie den freundlichen Riesen (2,10 m) im vergangenen Jahr nach München lotsten. Seinerzeit war Tarlac noch als Sportdirektor beim serbischen Basketball-Verband aktiv. Die alte Verbindung kam ihm zuletzt mal wieder zugute. Für den verletzten Königstransfer Rokas Jokubaitis holte er fast über Nacht den serbischen Lenker Stefan Jovic an Bord. Gute Namen, in einem Basketball-Europa, in dem mittlerweile 20 Euroleague-Clubs wildern.
Und es war irgendwie typisch für einen bewegten Sommer des Umbruchs, den Tarlac gerade mit den Verpflichtungen von Aleksa Radanov und David McCormack beendete. Aber der neue Bayern-Boss nimmt es mit einem Lächeln. „Wenn du für eine Nationalmannschaft arbeitest, dann hast du zwei, drei Monate Druck“, sagte er, „hier im Club hast du ihn das ganze Jahr.“
Aber Tarlac hat ja seine Weg gefunden, sich seinen Ausgleich zu verschaffen. Viel hat natürlich mit seiner Frau Marija zu tun. Mit großer Vorliebe genießen die beiden die Natur ihrer neuen Heimat. Aber der Mann, der es als Spieler selbst zum Europameister und Euroleague-Sieger brachte, ist vor allem auch ein Freund der schönen Künste. Einige seiner besten Freunde sind Künstler. „Das sind Gespräche, die mir viel geben“, sagte er. Kaum überraschend, dass Tarlac auch die Vorzüge des straffen Reiseplans der Bayern durch Europa gerne nutzt. Der Prado in Madrid, die Altstadt von Athen – der Bayern-Boss ist auch ein Kultur-Reisender.
In der Arena selbst hat der Mann, der nach Jahren als Spieler von Olympiakos Piräus übrigens auch die griechische Staatsangehörigkeit besitzt, noch die Mentalität des Spielers. Er pflegt im Vorfeld meist dieselben Abläufe. „Was wahrscheinlich komisch klingt, weil ich ja nicht mitspiele“. Aber seine volle Konzentration gilt dem Team, dem Sport. Was dann doch ein Unterschied zu Vorgänger Marko Pesic ist, der nebenbei auch das Spiel mit VIP-Gästen und Sponsoren sichtlich genoss „Ich mache das schon auch“, sagte Tarlac. Aber noch lieber überlässt er die Sache seinem Co-Geschäftsführer Adrian Sarmiento, der auch aus sprachlichen Gründen im Moment auch die Mehrzahl der Pflichttermine bei der BBL übernimmt.
Natürlich werden die nächsten Wochen – alleine im Oktober stehen den Bayern zwölf Spiele ins Haus – auch für die Arbeit des neuen Führungsgespanns eine Bewährungsprobe. Die Latte liegt hoch, Präsident Herbert Hainer forderte dieser Tage auf nationaler Ebene des Double ein. In der aufgestockten Euroleague will man schon zumindest wieder ein gewichtiges Wort im Rennen um die Plätze in den Playoffs mitsprechen. Zweifel? Davon will der, in sich ruhende Serbe auch trotz der aktuellen Verletzungsprobleme nichts wissen. „Ich bin zu hundert Prozent von diesem Kader überzeugt“, sagte er. Druck ist Tarlac ja gewöhnt. PATRICK REICHELT