Revanche in Ruandas Berghölle

von Redaktion

Nach der Zeitfahr-Klatsche trifft Pogacar erneut auf Evenepoel

„Das war eine bittere Pille“: Tadej Pogacar will in den Bergen zurückschlagen. © Delay/DPA

Der Mann in Gold auf Trainingsfahrt: Nach dem Zeitfahren wartet ein spektakuläres Straßenrennen. © De Meuleneir/Imago

Kigali – Tadej Pogacar wäre nicht Tadej Pogacar, würde er nicht auch die fürchterlichste Klatsche mit viel Humor nehmen. Vor dem spektakulären WM-Straßenrennen in Ruanda ließ sich der Radsport-Superstar filmen, wie er beim Training mit Freundin Urska Zigart von allerlei Einheimischen auf rostigen Drahteseln überholt wurde – und hatte dabei sichtlich Spaß. Die Zeitfahr-Demütigung durch seinen Rivalen Remco Evenepoel scheint der Slowene gut weggesteckt zu haben.

„Klar, das war eine bittere Pille, die ich schlucken musste“, sagte der Titelverteidiger vor der ultimativen Kraftprobe am Sonntag (9.30 Uhr/Eurosport) und fügte grinsend hinzu: „Ich hoffe mal, dass sich Remco zu 100 Prozent auf das Zeitfahren konzentriert hat und jetzt nur noch bei 99 Prozent ist.“

Denn dieses eine fehlende Prozent, das Evenepoel nach seiner Gala im Kampf gegen die Uhr und seinem Riesenvorsprung von 2:37 Minuten auf den viertplatzierten Pogacar nun fehlen könnte, mag entscheidend sein in einem Rennen, das die Radsportwelt dergestalt selten gesehen hat: In der ruandischen Hitze stehen rund um das ohnehin auf fast 1600 m Höhe gelegene Kigali auf 267,5 km Distanz nach offiziellen Angaben 5475 m Bergaufmeter auf dem Programm, das Statistikportal proycyclingstats kommt gar auf 6096.

Zum Vergleich: Seit 25 Jahren hat es keine Etappe der Tour de France mit mehr als 6000 Höhenmetern gegeben, die ultraschwere Königsetappe der Tour 2025 mit Gipfelankunft auf dem Col de la Loze lag bei 5642. Anders als bei einer Tour fehlen nun lange, stetige Anstiege, bei der WM geht es Runde um Runde (mittel)kurze Rampen hinauf, teils auf Kopfsteinpflaster.

„Es ist wirklich hart, im Grunde Anstieg nach Anstieg nach Anstieg“, sagt der niederländische Ex-Weltmeister Tom Dumoulin. So hart wie zuletzt 1980 bei einer WM: 268 km mit knapp 6300 Höhenmetern waren es damals in den französischen Alpen, nach siebeneinhalb Stunden siegte Bernard Hinault mit mehr als einer Minute Vorsprung.

Der Triumph des „Dachses“ als Blaupause für Pogacars nächsten wilden Soloritt? „Ich freue mich auf Sonntag“, sagt Pogacar zwar, das Regenbogentrikot hätte er nur zu gerne zurück, doch er verweist eben auch auf die jüngste Krankheitsepisode, die ihn kurz vor der WM bremste. Psychisch sollte ihm die Zeitfahrklatsche nicht nachhaltig geschadet haben. „Das wird ihn nicht beeinflussen“, sagt sein UAE-Teamchef Mauro Gianetti.

Evenepoel spürt nach dem Zeitfahr-Gold „einen Motivationsschub“ und hofft, „dass ich Sonntag so weitermachen“ kann. Doch 40 Kilometer ganz für sich sind etwas anderes als 267 im offenen Kampf mit dem Weltmeister. Zuletzt hat der Belgier vor drei Jahren ein Eintagesrennen gewonnen, bei dem auch Pogacar am Start war – 2022 wurde er dabei in Australien erstmals Weltmeister.

Einer der künftigen Teamkollegen Evenepoels ist am Sonntag wichtigster Helfer Pogacars. „Weitestgehend müssen wir Tadej Platz lassen und ihm aus dem Weg gehen“, sagt jener Primoz Roglic. Für alle außer die beiden Duellanten gelte, was auch für die vier Deutschen um Landesmeister Georg Zimmermann gilt: „Für uns wird es ein Riesenkampf, das Ziel zu erreichen.“DPA

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