München – Jan-Christian Dreesen war am Freitag bester Laune – und schonungslos ehrlich. Daher versuchte der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern nach der rundum gelungenen Bayern-Party beim 4:0 (2:0) gegen Werder Bremen auch gar nicht, mehr Fachwissen vorzutäuschen, als er besitzt. Was er über den FC Pafos wisse? „Dass er auf Zypern ist.“ Volltreffer! Und alles andere konnte sich der siegesberauschte Reisetross des FC Bayern in den gut 63 Stunden erarbeiten, die zwischen Abpfiff des achten Sieges im achten Pflichtspiel und dem Abflug mit der Sondermaschine USY3572 an diesem Montag in Richtung Zypern lagen.
Irgendwo zwischen Wiesn und Trainingsgelände wird das passiert sein, denn auch Joshua Kimmich gab mit Blick auf das erste Champions-League-Auswärtsspiel am Dienstag (21 Uhr/Prime Video) in Limassol zu: „Wir haben noch keine Videoanalyse von Pafos gemacht, ich habe noch nie ein Spiel von ihnen gesehen“. Immerhin Manuel Neuer war schon vor dem Wochenende Halb-Experte, denn er hatte immerhin „ein paar Minuten“ von Pafos‘ Königsklassen-Premiere gegen Olympiakos Piräus verfolgt. Zu zehnt hatten die Zyprioten um den brasilianischen Altmeister David Luiz ein 0:0 erkämpft – und auch jetzt, warnte der Kapitän, „werden sie versuchen, zu Hause eine Überraschung zu schaffen“. Blöd nur, dass die Bayern so selbstbewusst daherkommen wie schon lange nicht mehr.
Die Brust ist am Freitag noch mal breiter geworden. Und es ist nur logisch, dass in der euphorisierten Öffentlichkeit jeder von der nächsten Torparty in Pafos ausgeht. In der Bundesliga steht das Konto bei +19, 22 geschossene Tore, nur drei Gegentreffer: So gut stand der Rekordmeister nach fünf Spieltagen noch nie da. Aber dass genau da die Gefahr lauert, wissen alle aus der vergangenen Saison. Das 0:1 gegen Aston Villa läutete damals die erste Schwächephase ein, gerne erinnerte auch Kimmich noch mal an die Ligaphase 2024/25, in der die Bayern in drei von vier Auswärtsspielen unter die Räder kamen. Auch heuer seien die Auswärtssiege in der Bundesliga (Hoffenheim, Augsburg) „eine andere Kiste“ als die Festspiele in der Allianz Arena gewesen: „Wir müssen wachsam und fokussiert sein.“
Worte, die so oder so ähnlich auch vor 365 Tagen gefallen sind. Aber diesmal nimmt man sie den Protagonisten tatsächlich ab. Was die Kompany-Elf inklusive Torschützen Harry Kane (45./65.), Jonathan Tah (22.) und Konrad Laimer (87.) da am Flutlicht-Freitag zeigte, wirkte locker-leicht, aber nicht überheblich. Kapitän Neuer versicherte: „Es fliegt uns nicht zu, es ist harte Arbeit.“ Aber es führe dazu, „dass die Gegner Respekt vor uns haben.“ Auch Kompany teilt den Eindruck, dass „die Dinge anders“ sind „als in den ersten Monaten der letzten Saison“. Die Grundlagen seines Wirkens hat jeder verstanden: „Jetzt können wir uns auf die Details konzentrieren.“
Details, von denen es gegen Bremen eine Menge gab. CEO Dreesen kam bei der Aufzählung der positiven Randaspekte der Partie kaum hinterher. „100-Tore-Rekordmann Harry Kane, Kimmich hat sein 300. Bundesliga-Spiel bestritten, Goretzka auch, das Debüt von Wisdom Mike, das Startelfdebüt von Tom Bischof“: Der Bayern-Abend war perfekt. Und trotzdem „müssen wir uns ab morgen wieder konzentrieren und jeden Gegner ernst nehmen.“ Auch den Auf Zypern, wo Dreesen übrigens „noch nie war“. Spoiler: 30 Grad, Sonne, es gibt schlimmere Orte. In diesem Sinne: Gute Reise!HANNA RAIF, MANUEL BONKE