DBS-Vizepräsident Quade ist entsetzt. © Wunderl/Imago
Köln – Die russische Flagge weht in den Bergen Norditaliens, in Mailand feiern Athleten in Weiß-Blau-Rot ihre Medaillengewinne auf der Weltbühne: Was das IOC für die Olympischen Winterspiele 2026 unterbunden hat, dürfte bei den Paralympics in einem knappen halben Jahr zu einem Motiv werden, das um die Welt geht – und für massive Kontroversen sorgt.
Denn die Generalversammlung des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) hat am Samstag in Seoul mit deutlicher Mehrheit beschlossen, die seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine geltende Teil-Suspendierung Russlands und des Verbündeten Belarus aufzuheben und die beiden Nationalkomitees wieder als Vollmitglieder in die Organisation aufzunehmen. Der Weg für die Rückkehr der russischen Insignien nach dann zwölf Jahren, seit den Doping-Spielen von Sotschi, ist damit formal geebnet.
„Für uns ist das schwer verständlich. Das ist eine Entscheidung, die wir allenfalls respektieren können. Aber die Beschlüsse waren eindeutig“, sagte Vizepräsident Karl Quade vom Deutschen Behindertensportverband (DBS) dem SID. „Es hat sich an der Sachlage eigentlich überhaupt nichts geändert“, bemerkte der 70-Jährige: „Wenn wir von Sotschi ausgehen, 2014 dieser Sündenfall mit dem Doping, dann der Krimkrieg, das setzte sich ja in einer Tour fort. Und das wurde auch nochmal deutlich gesagt von einigen. Die Verbindung zum Militär besteht ja weiter.“
Doch die Mehrheit der Delegierten in Südkorea sah das anders. Nachdem zunächst ein Antrag auf vollständige Suspendierung klar abgewiesen worden war, stimmte die Mehrzahl der Delegierten anschließend dagegen, die Teil-Suspendierung, die für die Sommerspiele 2024 in Paris gegolten hatte, aufrechtzuerhalten. Damals durften Aktive aus Russland und Belarus nur unter neutraler Flagge und weiteren Auflagen starten.
Und doch ist nicht alles mit dieser Wahl weggewischt. Die Hoheit über die sechs Sportarten im Programm der Paralympics in Mailand und Cortina d’Ampezzo (6. bis 15. März 2026) gehört nämlich den internationalen Fachverbänden, die die Suspendierung russischer und belarussischer Sportler bislang aufrechterhielten. Um teilnahmeberechtigt zu sein, muss jeder Athlet über eine aktive Lizenz für die Saison 2025/26 von seinem internationalen Verband für Para-Alpinski, Para-Langlauf, Para-Snowboard, Para-Biathlon, Para-Eishockey und Rollstuhl-Curling verfügen.
„Das IPC wird mit den beiden betroffenen Mitgliedern zusammenarbeiten, um so schnell wie möglich praktische Maßnahmen zu ergreifen“, heißt es in der Stellungnahme des Internationalen Paralympischen Komitees, an dessen Spitze der Brasilianer Andrew Parsons für eine dritte vierjährige Amtszeit bestätigt wurde.
Der ukrainische Sportminister erhob Korruptionsvorwürfe. „Wir werden vielleicht noch erfahren, wie viele Rubel diejenigen gekostet haben, die dafür gestimmt (…) und die olympischen Werte verraten haben“, teilte Matwij Bidnyj mit. Ob Sportlerinnen und Sportler aus der Ukraine bei den Paralympics antreten, ließ er offen.SID