Wir bekommen zu wenig Geld

von Redaktion

Nein zu 250 000 Dollar: WNBA-Star Geiselsöder über den Frauen-Basketball

Neue Heimat, neue Kultur: Luisa in Dallas. © Instagram (2)

Champion in Frankreich: Luisa im Landes-Dress.

Kein Vorbeikommen: Luisa Geiselsöder ist sowohl bei der Nationalmannschaft als auch in der WNBA eine starke Verteidigerin unter dem Korb. © IMAGO/Kyriazis

Dallas/Ansbach – Für Luisa Geiselsöder geht seit ihrer Jugendzeit steil bergauf. Vor knapp 15 Jahren kreuzten sich schon einmal die Wege des jetzigen WNBA-Stars und unseres Redakteurs. Schon damals war die große kleine Ansbacherin unaufhaltsam unter dem Korb, auf der anderen Seite stand unser Redakteur als Coach an der Seitenlinie des TSV Greding. Die 1,92 Meter große Geiselsöder suchte schon früh in ihrer Karriere den Weg ins Ausland und entwickelte sich zu einer absoluten Topspielerin. Die 25-Jährige gewann als Schlüsselspielerin dieses Jahr mit Landes die französische Meisterschaft und gab danach bei den Dallas Wings ihr Debüt in der WNBA.

Luisa, kannst du dich noch an Spiele gegen Greding aus deiner Ansbacher Jugendzeit erinnern?

Boah, das ist schon lange her. Haben wir gewonnen?

Wenn du mit „wir“ Greding meinst, dann ja.

(lacht) Ne, kann mich nicht mehr erinnern. Aber war ich damals auch schon so groß, wie alle sagen?

Ja, du hast auch die Jungs überragt (lacht). Jetzt sind auch die Hallen größer geworden, du spielst regelmäßig vor über 10 000 Zuschauern. Hast du dich mittlerweile daran gewöhnt?

Jein. Es ist schon heftig, wenn du zum Warm-up gehst und du siehst, wie sich die Halle langsam füllt. Das ist riesig. Da hast du wirklich ganze NBA-Arenen voll mit Fans. Und manchmal denkst du dir echt: Wow, all diese Menschen schauen dir gerade zu. Man gewöhnt sich ein Stück weit daran, aber wenn man es mal reflektiert, ist das schon absolut verrückt.

Und auf dem Feld: Ist dir die Umstellung auf WNBA-Basketball schwer gefallen?

Es war nicht einfach. Es geht wirklich deutlich mehr über Eins-gegen-eins und weniger über das Teamspiel. Da musst du deine Chancen konsequent nutzen, weil du nicht weißt, wann du den Ball wieder bekommst.

Deine Rolle hat sich in Dallas komplett geändert.

Ja, mein Schwerpunkt lag klar auf der Defense, und wenn ich mal einen Pass an der Dreierlinie bekommen habe, sollte ich den auch nutzen. Trotzdem war meine Rolle in Sachen Scoring eher zurückhaltend. In Frankreich war ich ein Main-Player, aber ich habe die Rollenveränderung schnell angenommen – und das hat mir schließlich eine Starting-Rolle eingebracht.

Zu Beginn deiner Karriere warst du die Dominanz am Brett, später fielen dann auch mal Mitteldistanzwürfe, jetzt an der Dreierlinie. Wie viele Stunden hast du an deinem Wurf gearbeitet?

Etliche. Vor allem in den letzten zwei Jahren in Frankreich. Jedes Extratraining, das ich gemacht habe, war einfach eine Stunde nur Dreier ballern. Das war eine Umstellung für mich. Aber es ist cool, weil es mir zeigt, dass ich relativ wandelbar auf Positionen bin.

Mit Frankreich die Meisterschaft geholt, dann dein WNBA-Debüt und du hast auch noch die EM im Sommer gespielt. Gab es mal eine Verschnaufpause?

Die gibt es gerade und selbst jetzt ist Reha angesagt. Eine Pause gab es nicht wirklich. Als ich die Meisterschaft gewonnen habe, hatte ich fünf Stunden, dann musste ich am nächsten Morgen um fünf direkt zum Flieger nach Dallas. Das war ganz wild. Und auch nach der EM wird von dir sofort die gleiche Leistung erwartet.

In dieser Saison gab es immer wieder Verhandlungen für einen neuen Vertrag zwischen Spielerinnen und der Liga. Wie stehst du zu der „pay-us-what-you-owe-us“-Debatte?

Das ist sehr wichtig, und ich finde es gut und richtig, dass wir unsere Stimme benutzen. Momentan gibt es so viele Stars, die der Liga enorme Aufmerksamkeit und Einnahmen bringen. Da muss auch bei den Rahmenbedingungen nachgelegt werden – sei es beim Gehalt oder bei anderen Standards. Wobei diese hier bereits auf einem hohen Niveau sind.

Inwiefern?

Seit diesem Jahr stehen uns erstmals Privatflieger zur Verfügung. Das heißt, wir können direkt nach den Spielen heimfliegen, was für die Regeneration ein klarer Vorteil ist. Trotzdem reicht das Angebot der Liga an die Spielergewerkschaft in gewisser Weise nicht aus. Unser Ziel ist es – vor allem in dieser Phase des Hypes – etwas für die kommenden Generationen zu bewegen.

Die Spielergewerkschaft, in der auch Satou Sabally vertreten ist, hat ein Angebot abgelehnt, bei dem das Mindestgehalt von 66 000 auf 250 000 Dollar erhöht worden wäre. Hättest du das unterschrieben?

Ich gehöre nicht zu den Athleten, die dort am Verhandlungstisch sitzen. Aber ich sehe das so: Es geht um den ganzen Vertrag, den wir verbessern wollen. Und ich stehe hinter dem, was die Athletinnen fordern. Deswegen würde ich den Vertrag in der aktuellen Form auch nicht unterschreiben. Klar, es ist viel Geld und das klingt heftig. Aber ich bin überzeugt, dass wir derzeit nicht gerecht bewertet werden – unser Niveau liegt einfach deutlich höher.

Deutschland ist Lichtjahre von solch einer Professionalisierung entfernt, obwohl die Nationalmannschaft top ist. Was fehlt der DBBL?

In Amerika gehst du zu einem Spiel und bekommst Entertainment. Im Barclays Center in New York, das ist ne Party. Du hast neben dem Basketballspiel ein komplettes Event und hast danach Bock, wieder hinzugehen. Aber dafür brauchen wir auch Menschen, die investieren. Und auch für die Investoren muss das Konzept interessant sein. Gleichzeitig musst du von unten anfangen, deutsche Talente zu unterstützen. Nach der Schule müssen sich viele entscheiden: Studium oder Basketball? Wenn es Konzepte gibt, die das vereinen, dann bleiben mehr Sportlerinnen beim Basketball, die vielleicht auch richtig gut sind. Berlin hat es mit Alba richtig gut gemacht. München wäre auch ein richtig cooler Standort.

Du bist in jungen Jahren früh ins Ausland gegangen. Würdest du diesen Schritt jetzt einer guten, jungen Spielerin auch empfehlen?

Es kommt natürlich immer auf die Spielerin an. Aber gerade was das Niveau angeht – ja!

Die Heim-WM ist das große Highlight im nächsten Jahr, was ist drin?

Wir haben bei der Europameisterschaft (Platz fünf, d. Red.) und auch bei Olympia gezeigt, dass wir richtig gut sind. Und wir wollen auf jeden Fall eine Medaille! Das ist unser Ziel. Wir haben vor der WM hoffentlich zwei, drei Wochen, um unseren Rhythmus zu finden und ich glaube, dass wir dann wirklich sehr schwer zu schlagen sind.

INTERVIEW: ALEXANDER VORMSTEIN

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