Abschied von der Generation Ü30

von Redaktion

Nagelsmanns Nominierung zwischen Experiment und Blockbildung

München – Julian Nagelsmann hatte es 2024 bereits angekündigt: Es werde Spieler geben, die die Nationalmannschaft auf ihrem Weg zur Weltmeisterschaft 2026 begleiten, beim Turnier in den USA, Kanada und Mexiko aber nicht mehr dabei sein würden, da der Generation Ü 30 zugehörig. Er nannte sogar Beispiele: Robert Andrich (kurz vor dem 31.) und Pascal Groß (34), zwei aus der Mittelfeldzentrale, für die die nächste Generation der Jung-Twens um Aleksandar Pavlovic (21) bereitsteht. Andrich, der bei Bayer Leverkusen diese Saison wieder öfter spielt, hat es in den DFB-Kader für die nächsten beiden Spiele in der WM-Qualifikation (kommenden Freitag in Sinsheim gegen Luxemburg und am Montag darauf in Belfast bei den Nordiren) geschafft – der Dortmunder Groß hingegen nicht mehr. Und noch einer der Älteren ist nicht mehr dabei: Niclas Füllkrug (32). War‘s das für ihn bei der deutschen Nationalmannschaft?

Füllkrug hat eine Seuchensaison hinter sich. In der Premier League bei West Ham United war er 2024/25 nur zu 18 Einsätzen gekommen. Nagelsmann nominierte ihn trotzdem fürs Final-Four-Turnier der Nations League im Juni. Füllkrug, der Mann des Fan-Volkes, versprach, dass er 2025/26 mit wiedererlangter Gesundheit und Fitness durchstarten werde. Doch dass er für die Spiele gegen die Slowakei (0:2) und Nordirland (3:1) passen musste und in Bratislava so kurzfristig, dass kein Ersatz mehr aufgetrieben werden konnte, hat den Bundestrainer verstimmt. Der Dortmunder Maxi Beier, der dann fürs zweite Spiel nachnominiert wurde und als Einwechselspieler frischen Wind brachte, übernimmt nun Füllkrugs Kaderplatz. Zudem hat Nagelsmann neben Nick Woltemade (Newcastle) auch Johnny Burkardt (Frankfurt) nominiert, obwohl er jüngst anmerkte, dass dieser in der Nationalmannschaft noch nichts Nachhaltiges gezeigt habe. Da vorne (im neuen Jahr) auf die verletzten Kai Havertz (FC Arsenal) und Tim Kleindienst (Mönchengladbach) gewartet wird, kann Füllkrug davon ausgehen, dass ihn lediglich eine auffällige Torquote zurück ins DFB-Team bringt.

„Zwei Siege – das ist unser klares Ziel, um die WM-Qualifikation weiter auf direktem Weg zu erreichen. Auch wenn wir weiterhin auf einige Spieler verzichten müssen, sind wir überzeugt: Unser Kader hat die Qualität, um es besser zu machen als zuletzt“, sagt Nagelsmann. Die Lage ist schon einigermaßen bedrohlich – und der Bundestrainer tut sich schwer, personell eine Linie zu finden. „Es ist enorm wichtig, dass Nico Schlotterbeck zurückkehrt“, erklärt Nagelsmann etwa – und man erinnert sich, dass der Dortmunder für die EM lange gar nicht eingeplant war. Aktionistisch agiert der Coach bei der Besetzung der Außenpositionen: Linksverteidiger Maxi Mittelstädt scheint, obwohl er gegen die Slowakei bester deutscher Feldspieler war, in Ungnade gefallen zu sein. Nnamdi Collins wird nach seinem missglückten Debüt fallengelassen, dafür versucht es Nagelsmann nun mit Collins‘ Frankfurter Pendant Nathaniel „Nene“ Brown (22). Und einer wurde berufen, der schon unter Joachim Löw (einmal, 2020, während der Corona-Zeit) und Hansi Flick (2021, zweimal gegen Liechtenstein, einmal gegen Armenien) dabei war: Ridle Baku (27 und mittlerweile in Leipzig).

Der Bundestrainer auf der Suche nach innovativen Lösungen – allerdings deutet sich auch die Rückkehr zur Blockbildung an. Je fünf Bayern- und Dortmund-Spieler sind nominiert, und wenn sie ihren Lauf aus dem Club auf das Nationalteam übertragen, sollte zumindest das Versprechen von Sportdirektor Rudi Völler einzulösen sein. Er sagt, was in Bratislava passiert sei, „wird nicht wieder vorkommen“.GÜNTER KLEIN

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