Hitze-Ernstfall: Formel-1-Regel greift erstmals

von Redaktion

Schmerzhafte Kühlwesten gegen Sauna-Gefühl im Cockpit nur ein Kompromiss

Piastri testet die Kühlweste fürs Cockpit. © Bonilla/Imago

Singapur – In der brutalen Dampfsauna von Singapur ruft die Formel 1 zum ersten Mal den Hitze-Ernstfall aus. Wegen der Extremwetter-Prognose für den Grand-Prix-Sonntag verfügte die Rennleitung die Premiere einer neuen Regel zum Schutz der Gesundheit der Fahrer. Mehr als 31 Grad sind selbst für die Abendstunden in Singapur noch vorhergesagt, die enorme Luftfeuchtigkeit macht den 18. Saisonlauf zur Tortur. Daher ist es den Piloten erlaubt, im Rennen Kühlwesten zu tragen, die Autos müssen dafür zwingend umgerüstet werden.

„Wenn man bei 90 Prozent Luftfeuchte fährt und es in den Cockpits bis zu 60 Grad heiß wird, ist das ein bisschen wie Sauna im Auto. Also begrüßen wir diese Maßnahme“, sagte Mercedes-Fahrer George Russell, einer der Sprecher der Fahrergewerkschaft. Pflicht wird das Tragen von Kühlwesten unter solchen Bedingungen zwar erst im kommenden Jahr, aber einen Vorteil bringt es den Teams in Singapur schon jetzt nicht mehr, darauf zu verzichten.

Entscheidet sich ein Fahrer gegen die Kühlweste, muss er als Ausgleich in seinem Dienstwagen Ballastgewichte von 500 Gramm mitnehmen. In jedem Fall müssen die Rennställe ihre Autos mit einem Kühlmittelbehälter, Pumpen und einem Wärmetauscher für den möglichen Einsatz der Weste ausrüsten. Dadurch „leidet man ein bisschen weniger“, sagte Carlos Sainz (Williams) vor der schwülheißen Herausforderung auf dem holprigen Stadtkurs.

Eingeführt wurde die neue Hitze-Regel nach dem Großen Preis von Katar vor zwei Jahren. Die Bedingungen dort seien „über der Grenze“ gewesen, klagten viele Fahrer im Anschluss. Mehrere Piloten mussten sich in medizinische Betreuung begeben, weil sie dehydriert waren oder Symptome eines Hitzschlags zeigten.

Ausgereift ist das Kühlwesten-System aber noch nicht bei allen Teams. Bei testweisen Einsätzen in diesem Jahr waren sie teils schon nach 20 Minuten überfordert und wurden zu warm. Die Rennställe experimentieren mit unterschiedlichen Lösungen. Mancher Fahrer klagte darüber, die Kühlröhrchen in den Westen würden im ohnehin engen Cockpit vor allem in schnellen Kurven schmerzhaft an die Rippen drücken. „Natürlich ist es ein Kompromiss. Es ist etwas weniger bequem, wenn man fährt, aber dafür ein bisschen kühler“, sagte Altstar Fernando Alonso.

Routinier Nico Hülkenberg sieht es vor dem Rennstart am Sonntag (14.00 Uhr/Sky) pragmatisch. „Man muss ja den Ballast sowieso ins Auto nehmen. Dann kann man doch auch die Weste anziehen“, sagte der 38 Jahre alte Sauber-Pilot.DPA

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