Eklig gewesen und auch gezockt

von Redaktion

Erster FCA-Heimsieg dank zweier Youngster entschärft Trainerdiskussion

Was will Sandro Wagner mit dieser Geste sagen? Es war ein Gruß an die Familie nach dem 3:1 über den VfL Wolfsburg © dpa/Harry Langer

Augsburg – Weil in Augsburg ja alle auf ihn schauen: Wie reagierte Sandro Wagner, der Trainer, auf den 3:1-Heimsieg gegen den VfL Wolfsburg, seinen ersten? Als die Tore fielen, zu sehr günstigen Zeitpunkten, 1:0 und 2:0 früh in beiden Hälften (3., 51.), drehte sich der 37-Jährige von der Szenerie ab. Kein Jubellauf aufs Feld, auch nicht nach dem fantastisch herausgespielten 3:0 durch Robin Fellhauer, das eine Idee vermittelt hatte, wie der von Wagner angestrebte „aktive Fußball“ aussehen könnte. Der Trainer, über den nach vier Niederlagen am Stück, zuletzt einer Demütigung in Heidenheim, ausgiebig diskutiert worden war, nahm die Ereignisse nahezu regungslos hin. Er ging nach Abpfiff auch schnell in die Kabine, mit einem Fingerzeig Richtung Tribüne. Die Geste bezeichnete Wagner, bevor sie als Abrechnung mit Zweiflern, Kritikern und Medien interpretiert würde, als „Botschaft an meine Family, die da oben saß“.

Zum 3:1 gab es diverse Geschichten – nicht nur die rund um die polarisierende Figur Wagner. Man muss natürlich über den VfL Wolfsburg sprechen, der die ersten 45 Minuten kaum im Spiel war. „Wir waren bisher auf einem guten Weg, aber das war unser schlechtestes Spiel“, meinte Wölfe-Coach Paul Simonis. Chancen erspielte sich der VfL im zweiten Durchgang einige, nach „Expected Goals“ war der Augsburger Sieg nur hauchdünn (1,87 : 1,86). Kollege Sandro Wagner stellte seine Startelf gegenüber der Woche zuvor auf fünf Positionen um, ein Schlüssel zum Erfolg waren ein angepasstes Abwehrsystem und vor allem die Hereinnahme von Noahkai Banks und Mert Kömür, die in Heidenheim beide erst eingewechselt worden waren. Banks erzielte nach einer Vorlage von Kömür das 1:0, Kömür das 2:0, auch am 3:0 war er beteiligt. „Weltklasse, wenn zwei Spieler aus dem eigenen Stall die Tore machen“, freute sich FCA-Sportdirektor Benni Weber.

Es war Wagner aufgetragen worden, speziell diese beiden Spieler zu fördern. „Der eine ist seit der U9 im Verein, der andere seit der U13“, kennt er die Karrieren von Innenverteidiger Banks (18), geboren auf Hawaii, aufgewachsen im Allgäu und bereits US-Nationalspieler, und des Dachauers Kömür (20), der zur deutschen U21-Nationalmannschaft gehört. Kömürs Werdegang verfolgt Wagner seit Längerem, „bei ihm gibt es keine Grenzen nach oben“, findet er. Gegen Wolfsburg agierte Kömür als „falsche Neun, die mal nach links, mal nach rechts geht“. An Noahkai Banks beeindruckte die Coolness. Sportdirektor Weber: „Er hat Eiswürfel gepinkelt.“

Die Youngster haben schon mal „zweieinhalb Jahre zusammengewohnt“, so Kömür, sie haben gepodcastet, und von jedem war über den anderen zu hören, „dass sein Tor mich mehr gefreut hat als mein eigenes“. Was sie ebenfalls unisono behaupteten: Dass der Druck, endlich zu gewinnen, sich intern gar nicht so stark angefühlt habe: „Das kam von außen.“ Banks versichert: „Im Team gab es keine Unruhe, keine Unstimmigkeit.“

Trotzdem sagte Sandro Wagner, man habe sich die Woche über „als Gruppe besser kennengelernt“. Was er veränderte: Er forderte von den Spielern auf dem Platz mehr Führung ein, „denn ich kann nicht ständig von außen Playstation spielen“. Seine Idee, wie das FCA-Spiel sein sollte, sah er diesmal gut verwirklicht: „Wir wollen gegen den Ball eklig sein und mit dem Ball zocken.“ Die Sicherheit dafür vermittelte das 1:0 in der 3. Minute, entstanden aus einer Freistoßsituation. Wagner dankte „meinem Standardteam“, den Assistenten Thomas Kasparetti und Sven Palinkasch, die das mit der Mannschaft einstudiert hätten, „ich hatte damit nichts zu tun“. Es war der Tag, an dem Wagner sich wegdrehte.GÜNTER KLEIN

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