Hinten anstellen, bitte!

von Redaktion

Der „gesunde Konkurrenzkampf“ gilt auch für Musiala & Co.

Mittendrin: Musiala (mit Hoeneß) auf der Wiesn. © IMAGO

Wenn‘s läuft, dann läuft‘s: Die Bayern-Offensive überrollt jeden. Dabei fehlt bislang einer der besten Akteure. Die Rolle von Musiala übernehmen derzeit Kane (M.) und Gnabry. © Hörmann/IMAGO

München – Um den Spirit einer Gruppe aufzusaugen, gibt es wahrscheinlich keine bessere Gelegenheit als die Wiesn. Wenn alle zehn Minuten auf die Gemütlichkeit angestoßen wird und die Gespräche auch mal tiefgründiger sein dürfen, ist man schnell mittendrin statt nur dabei. Und so war der traditionelle Käfer-Nachmittag des FC Bayern am letzten Oktoberfest-Tag vor allem für die Langzeitverletzten wie Alphonso Davies, Hiroki Ito und Jamal Musiala Gold wert. Nicht als Reha-Patienten am Nebenplatz – sondern als Tischnachbarn jener Kollegen, die gerade derart durch alle Wettbewerbe fliegen, dass man die Abwesenheit der drei Schlüsselspieler im Alltag schon mal vergessen kann.

Der Sonntag war kein Alltag, er war ein wohlverdienter Feiertag. Und er hat bunte Bilder produziert, die dokumentieren, dass dieser jetzt schon so dominant auftretende FC Bayern theoretisch noch besser werden kann. Die drei prominenten Patienten grinsten in die Kamera – und sagten der (Fußball-)Welt: Hallo! Wir sind auch noch da! Die Reha läuft so gut, dass Sportvorstand Max Eberl vor wenigen Tagen verriet: „Wir haben die ernsthafte Hoffnung, dass alle drei in diesem Jahr noch auf dem Platz stehen können.“ Die Frage, die sich spätestens seit der mehr als bravourös bestandenen Reifeprüfung beim 3:0 am Samstag in Frankfurt stellt, ist aber glasklar. Sie lautet: Wo?!

Im Falle der beiden Abwehrspieler ist sie einfacher zu beantworten. Davies kann sich nach seinem Kreuzbandriss mit Blick auf das erfolgreiche Jobsharing-Modell zwischen Konrad Laimer, Raphael Guerreiro und Sacha Boey Zeit nehmen, um wieder 100 Prozent Vertrauen in sein Knie zu bekommen. Und auch Ito muss nach seinem zweiten Fußbruch nichts überstürzen, solange Dayot Upamecano, Minjae Kim und Jonathan Tah gesund bleiben. Da ist die Sache bei Musiala doch etwas komplizierter. Der Superstar im Kader hat freilich den Anspruch, schnell wieder Stammspieler zu werden. Weil die Offensive aber derzeit derart gut funktioniert – 25 Tore nach sechs Spieltagen sind historischer Liga-Bestwert –, wird auch der 22-Jährige sich erst mal hinten anstellen und durch Leistung überzeugen müssen.

Dass davor im funktionierenden Konstrukt von Vincent Kompany niemand gefeit ist, hat Joshua Kimmich in Frankfurt verraten. Auch den Vize-Kapitän hatte es zweimal hintereinander mit einem Bankplatz erwischt, freiwillig geschah das allerdings nicht. „Ich bin einer, der gerne alle drei Tage auf dem Platz steht“, sagte Kimmich grinsend, ehe er den „gesunden Konkurrenzkampf“ erklärte: „Es ist momentan besonders, Teil des Teams zu sein. Jeder, der auf der Bank sitzt, möchte Teil des Teams sein.“ Kompany wechselt gerne durch, sagt seinen Spielern aber: „Das ist keine Rotation, sondern eine Competition (zu deutsch: Wettbewerb).“ Und diese hat der 39-Jährige laut Kimmich so gut im Griff, „dass die, die auf der Bank sitzen, nicht hoffen, dass der Konkurrent nicht spielt“. Vielmehr versuche man, „wenn man selber spielt, einen Tick besser zu spielen als die anderen“.

Im Fall von Musiala heißt das: besser als Harry Kane, der in neuer Rolle so gut ist wie nie zuvor. Besser als Senkrechtstarter Luis Diaz. Besser als Weltklasse-Techniker Michael Olise. Besser als der wiedererstarkte Serge Gnabry. Eins ist sicher: so gemütlich wie ein Wiesn-Tag wird das nicht!HANNA RAIF, PHILIPP KESSLER

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