„Ich bin neu in der Liga“, sagt Oliver David. Der EHC-Trainer steht in der Kritik. © IMAGO/Eibner
München – Am Sonntagabend, Stunden nach der Münchner 2:4-Niederlage in Schwenningen, wurde alles noch ein Stück schlimmer. Der EHC Red Bull rutschte, weil Augsburg, der Erzrivale, in Dresden gewann, auf Rang elf der DEL-Tabelle ab, unter den Strich. Er wäre damit nicht mal in den Pre-Playoffs. Er hat die zweitmeisten Gegentore kassiert, die Torhüter haben die schlechteste Fangquote in der gesamten Deutschen Eishockey Liga (DEL). Dabei flirrte der Club vor ein paar Wochen noch vor Energie und Aufbruch, die Fachwelt lobte die Zusammenstellung des Kaders. Was also ist geschehen, dass der EHC von acht Spielen schon fünf verloren hat? Woran oder an wem liegt‘s?
Die erste Spur führt immer zum Trainer: Oliver David. Der Kalifornier ist grundfreundlich und eloquent. Doch er hat wenig Erfahrung: Co-Trainer in Biel, zwei Jahre Chef bei der Red-Bull-Schwester in Salzburg. „Ich bin neu in der Liga“, sagte er nach dem 5:7 am Freitag zu Hause gegen Wolfsburg. München wurde ausgekontert („Genügend Breaks für die ganze Saison“) – und David vom Wolfsburger Kollegen Mike Stewart klassisch ausgecoacht. Vom Tempo der Grizzlys zeigte David sich überrascht – obwohl er mit Rob Leask einen Intimkenner der DEL an seiner Seite hat. „Der Trainer macht einen guten Job, die Meetings sind eindeutig, alle sind fleißig – aber die Chemie muss noch kommen. Sie ist phasenweise, aber nicht konstant da“, sagt Torhüter Mathias Niederberger.
Oliver David wurde verpflichtet, weil er für ein System steht: das „Red-Bull-Hockey“, wie Sportchef Christian Winkler es nennt. Max Kaltenhauser, vorige Saison für einige Wochen Chefcoach, sagte: „Das ist ein offenes Geheimnis: Wie gespielt werden soll, wird von oben vorgegeben.“ Der EHC betreibt ein intensives Forechecking, mit dem er sich in der Zone des Gegners festsetzen, ihm die Luft zum Atmen nehmen will. Es geht mit dieser Spielweise nicht nur ums Eishockey, sondern auch um die Botschaft der Marke Red Bull. „Das System ist einzigartig, quasi positionsloses Eishockey“, erklärt Philipp Sinn, der Verteidiger, der mit dem Trainer aus Salzburg gekommen ist.
Unter Toni Söderholm, Trainer 2023/24, wollte der EHC wegkommen von dieser eindimensionalen Ausrichtung, nach der Trennung von dem Finnen sollte es „zurück zu unserer DNA“ (Winkler) gehen. Nur: Es zeigt sich, dass die Mannschaft ein Geschwindigkeitsproblem hat und bei Scheibenverlusten, die das System mit sich bringt, überlaufen wird. Nahezu dramatisch ist das Defizit an Speed bei Konrad Abeltshauser. 305 Feldspieler sind in der DEL registriert, in der Tempo-Tabelle liegt Abeltshauser mit einem Saison-Bestwert von 30,89 km/h auf Rang 290. Mit Dillon Heatherington (264.) und Maxi Daubner (230.) hat der EHC weitere Abwehrspieler, die schnellen Stürmern (35 bis 37 km/h) unterlegen sind.
Der EHC bestreitet die nächsten drei Spiele (Nürnberg, Mannheim, Frankfurt) auswärts. Sie haben das Potenzial für Schicksalsspiele.GÜNTER KLEIN