Luxemburg-Coach Jeff Strasser. © Majerus/IMAGO
Luxemburgs Bester: Leandro Barreiro (r., gegen die Slowakei) spielt für Benfica Lissabon. © IMAGO/Ben Majerus
Herzogenaurach – Luxemburg steht in der FIFA-Weltrangliste gerade mal so unter den ersten 100, ist weit entfernt von deutscher Güteklasse – und dennoch: Der DFB hat ein Auge auf den kleinen Nachbarn, dem er am Freitag (20.45 Uhr, Sinsheim) im Rahmen der WM-Qualifikation begegnet. Zweimal schon hat er ihn zur Vorbereitung auf große Turniere eingeladen. Vor der WM 1998 fand einer der abschließenden Tests in Mannheim statt – und endete mit einem 7:0. Und für die WM 2006 brachte man sich wieder gegen Luxemburg in Stimmung: Direkt aus dem letzten Trainingslager in Genf ging es nach Freiburg, wo damals spürbar wurde, wie der WM-in-Deutschland-Sommer werden könnte. Auch dieses Treffen endete mit einem 7:0. Die Einnahmen flossen in die Egidius-Braun-Stiftung.
Vor 19 Jahren spielte Jeff Saibene noch für Luxemburg. Ihn kannte man auch hierzulande, er hatte eine kleine Karriere für Kaiserslautern, Ingolstadt und Bielefeld. Am weitesten in Deutschland brachte es Jeff Strasser, der als Verteidiger ein solider Bundesliga-Verteidiger war – in Kaiserslautern und Mönchengladbach. In Lautern wurde er später Trainer, dabei kam es zu einem dramatischen Zwischenfall: Herzrhythmusstörungen während eines Zweitligaspiels gegen Darmstadt, die Partie wurde abgebrochen. Das war vor sieben Jahren. Strasser, heute 51, geht es gut, seit diesem Sommer ist er Nationaltrainer seiner Heimatlands.
Seit seiner aktiven Zeit ist der Stellenwert des luxemburgischen Fußballs deutlich gestiegen. Im Clubfußball hat F91 Düdelingen von sich reden gemacht. 2012 schaltete Düdelingen in der Qualifikation zur Champions League den FC Red Bull Salzburg aus, machte die Österreicher aus dem Brause-Imperium zum Gespött Europas. Später führte Dino Toppmöller den F91 in die Gruppenphase der Europa League, in seinen drei Luxemburger Jahren (2016 bis 19) brachte er sich für höhere Aufgaben als Trainer in Stellung.
Die luxemburgisch-deutschen Beziehungen sind enger denn je. Sieben aktuelle Nationalspieler spielen beim großen Nachbarn, natürlich nicht alle bei Spitzenvereinen und dort auch nicht in tragenden Rollen. Oft ist die Heimat die zweite Mannschaft wie bei Danel Sinani auf St. Pauli oder bei Aiman Dardari beim FC Augsburg. Wertschätzung erfahren die Luxemburger dennoch: In Augsburg wurde Aiman Dardari, der marokkanische Wurzeln hat, aber in Luxemburg geboren wurde, mit einem Profivertrag ausgestattet, in dieser Saison hatte er seinen ersten Bundesliga-Kurzeinsatz. FCA-Sportdirektor Benni Weber: „Er ist in der Kabine voll akzeptiert, er spricht sechs oder sieben Sprachen. Abseits des Platzes wirkt er schüchtern, aber auf dem Platz, wenn es in Eins gegen eins geht, verwandelt er sich.“
Luxemburgs Fußball hat davon profitiert, dass das kleine Land (660000 Einwohner) international geprägt ist. Leandro Barreiro ist ein Beispiel dafür: Die Eltern kamen über Portugal aus Angola nach Luxemburg, Erpeldingen an der Sauer ist der Geburtsort von Leandro. Ein Probetraining bei Paris Saint-Germain war bereits vereinbart, entfiel aber wegen des Terroranschlags vom November 2015.
Barreiro wechselte in die Jugend des FSV Mainz 05, wurde Bundesliga-Stammspieler und steht nun bei Benfica Lissabon unter Vertrag. Für ihn läuft es annähernd so, wie die Luxemburger sich das für Vincent Thill vorgestellt hatten. Der jetzt 25-Jährige war mit 16 eine große Nummer, die UEFA nannte ihn „Wunderkind des Fußballs“, potenzielle Kategorie Cristiano Ronaldo. Sogar der FC Bayern interessierte sich für ihn. Die Wirklichkeit aber: eine ziellose Reise durch Frankreich, Portugal, Schweden, die Ukraine und Aserbaidschan. Aus der Familie Thill sind derzeit nur die älteren Brüder Olivier und Sebastien Nationalspieler. GÜNTER KLEIN