ZUM TAGE

Gallig, griffig, gierig, gnabryg, goretzkig

von Redaktion

Was wollen uns Fußballer sagen?

Die Sprache des Fußballs befindet sich mal wieder im Wandel. Wenn wir in die deutsche Nationalmannschaft reinhorchen, vernehmen wir derzeit folgende Sätze: „Wir haben uns Galligkeit und Gier vorgenommen“ (Julian Nagelsmann), „Wir waren griffig“ (David Raum, Joshua Kimmich), „Wir müssen das Spiel so bestreiten, dass wir sehr gallig sind“ (Oliver Baumann). Schon klar: Es geht um die Betonung von Eigenschaften, die früher unter „deutsche Tugenden“ liegen.

Doch das „Wording“ irritiert uns ein wenig. Damit, dass Fußballer sich vornehmen, gierig zu sein, hatten wir immer schon Probleme – weil sie das vor allem im Kontext von Vertragsverhandlungen und Vereinswechseln ja schon hinreichend sind und man eine solche Einstellung nicht als etwas Gutes dargestellt wissen will. Auch das „gallig“ bringt uns ins Grübeln. Was bedeutet das überhaupt? Wir haben mal gega… gegoogelt: Da steht: „1. gallebitter – ein galliger Geschmack. 2. verbittert und dadurch beißend, scharf in seinen Äußerungen.“ Wir denken nach: Sollte ein hochklassiger Fußballer gerade nicht verbittert sein, sondern in allen Situationen Souveränität ausstrahlen, um nicht zu übertouren? Und den galligen Geschmack, den will man doch nicht selber haben, sondern dem Gegner vermitteln. Also: Nicht Deutschland fühlte sich gallig, sondern Luxemburg. Und am Montagabend hoffentlich Nordirland. Der Begriff „griffig“ ist von den Nationalspielern auch nur halbrichtig verwendet. „1. leicht zu erfassen. 2. gut greifend.“ Leicht zu greifen sollte der Griffige besser nicht sein. Gut hingegen ist es, wenn der neue WM-Ball für die Torhüter griffig ist im Sinne von 1. Aber nur für den deutschen Keeper. Für die anderen lieber glitschig.

Es scheint, als habe die Fußballszene Gefallen gefunden am knackigen Adverb mit g: Gallig, griffig, gierig. Auch giftig wird gerne genommen. Angesichts der großen FC-Bayern-Fraktion böte sich auch ein grantig (gegenüber der anderen Mannschaft) an. Aktuell könnte man eine besonders gute Einstellung auch gnabryg nennen. Goretzkig ginge auch (bezeichnet die Fähigkeit, Zurückweisungen zu verkraften und daraus neuen Antrieb zu beziehen). Weiterhin: gnadenlos, gewaltig, geschäftig, grob. Auf keinen Fall gemütlich. Denn sonst zeigt sich der Gegner nicht gefügig.Guenter.Klein@ovb.net

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