Bei der ARD, die am Freitagabend das deutsche Spiel gegen Luxemburg übertrug, begann das hektische Recherchieren, kurz bevor die DFB-Elf auflief: Hatte es in der über 1000 Länderspiele währenden Historie das schon einmal gegeben, dass ein Spieler mit Stirnband auflief? Serge Gnabry hatte sich für dieses Outfit entschieden, und man kennt bei ihm ja die Geschichte, dass er schon besonderen Wert auf Optik legt und seinen Verein, den FC Bayern, mit einem Auftritt bei der Pariser „Fashion Week“ verärgerte. Stimmt dann die Leistung im Fußball nicht, werden in Deutschland schnell Zusammenhänge hergestellt zum Verhalten in der Freizeit oder zu einer Äußerlichkeit wie dem Wechsel einer Frisur oder einer neuen Tätowierung.
Dass Serge Gnabry mit Stirnband spielte, war aber schnell kein Thema mehr. Erstens stammte das gute Stück aus der Kollektion des Ausrüsters Adidas, zweitens sah das ja wirklich gut aus, und drittens lieferte Serge Gnabry eine in allen Aspekten tadellose Leistung ab: Er holte den Strafstoß, der zum 2:0 führte, heraus, er erzielte das 3:0, nachdem ihm ein erster Treffer wegen des Handspiels von Nick Woltemade aberkannt worden war – und er gab den „Working Class Hero“, weil er bei den wenigen luxemburgischen Kontern nach hinten arbeitete und einmal Stürmer Aiman Dardari den Ball vom Fuß grätschte, als wäre er Mats Hummels in seiner Glanzzeit. „Er war ein Vorbild in den Umschaltaktionen“, sagte Julian Nagelsmann. „Top-Situationen. Darum geht‘s, dass jeder diese Wege macht“, meinte Oliver Baumann. „Immenser Einsatz“, lobte Aleksandar Pavlovic.
Mit seinen 30 Jahren ist Serge Gnabry wieder schwer in Mode. Dieses Revival war nicht abzusehen. Für den Kader der Heim-Europameisterschaft 2024 hatte er sich nicht qualifiziert – und wurde auch nicht vermisst. Beim Final Four der Nations League spielte er schwach, im Internet wurde über seine Körperfülle diskutiert. Bei den Bayern ist er in der neuen Saison aber unverzichtbar geworden, weil der Kader dünn besetzt ist und die Position von Jamal Musiala durch dessen schwere Verletzung bei der Club-WM freigeworden war. „Des einen Leid, des anderen Freud“, so sieht es Nagelsmann, „Serge profitiert davon, dass für seine Stelle nicht 15 Kandidaten zur Auswahl stehen. So kann er sich in den Dienst der Mannschaft stellen und weiß, dass er das nächste Mal wieder spielen wird, auch wenn er kein Tor und keine Vorlage gemacht hat.“ Gnabry bestätigt: „Ich muss mir gerade nicht den Kopf zerbrechen.“GÜNTER KLEIN