Der Bald-Onkel will‘s wissen

von Redaktion

Eli Seitz wartet daheim aufs Baby – Bruder Gabriel Eichhorn kämpft bei der WM ums Finale

Geschwisterliebe: Eli Seitz ist stolz auf ihren Bruder. © Insta

In seiner Spezialdisziplin am Reck will sich Gabriel Eichhorn ins WM-Finale von Indonesien turnen. Zuletzt stürzte der 20-Jährige allerdings oft bei seiner Übung. © Kessler/Imago

München – Eine Standleitung nach Deutschland wird es zwar nicht geben. Aber Gabriel Eichhorn ist schon „sehr gespannt, wann es passieren wird“, gibt er zu. Knapp 11 000 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Indonesiens Hauptstadt Jakarta und Stuttgart, das heißt auch: Es ist gut möglich, dass Eichhorn im Laufe der Woche genauso weit entfernt ist, wenn er Onkel wird. Immerhin ist seine Schwester hochschwanger und in freudiger Erwartung, während er bei der Einzel-WM der Turner ab Sonntag mindestens um einen Finalplatz am Reck turnt.

Wenn man über Gabriel Eichhorn spricht, ist die Familie zwangsläufig ein Thema – das war schon immer so und wird wohl auch immer so bleiben. Denn der kleine Bruder der deutschen Rekordturnerin zu sein, das kann nicht jeder von sich behaupten. „Unfassbar stolz“ ist Elisabeth Seitz auf ihn, das betont die im Frühjahr zurückgetretene dreifache Olympiateilnehmerin immer wieder gerne. Und so ist es auch dieses mal, wenn „Gabs“ gemeinsam mit Timo Eder (MTV Ludwigsburg), Nils Dunkel (SV Halle) und Artur Sahakyan (TB Essen-Altendorf) bei seinen ersten Weltmeisterschaften antritt.

Wer Elisabeth Seitz kennt, weiß, dass sie am liebsten selbst mit in den Flieger gestiegen wäre. Denn zum einen ist die Barren-Europameisterin von 2022 immer gerne nah dran, und zum anderen wären die Rollen dann mal vertauscht gewesen. Lange, sehr lange war es der zwölf Jahre jüngere Eichhorn, der zunächst als Baby im Maxicosi täglich mit von Altlußheim nach Mannheim fuhr und später bei jedem Wettkampf auf der Tribüne saß. Dass er selbst zu einem Turner wurde, dem Bundestrainer Jens Milbradt schon bei seinem ersten Auftritt auf der großen Bühne „einen Platz im Reck-Finale zutraut“, kann nicht wirklich überraschen. Die ersten Purzelbäume zeigte Eichhorn schon vor dem Kindergarten, der nationale Durchbruch folgte vor gut zwei Jahren.

Die Träume sind groß, und Seitz sagt über ihren Bruder, er sei „viel zielorientierter und fokussierter“ als sie mit 20 Jahren. Trotzdem gibt Eichhorn zu, dass „die Aufregung auf jeden Fall groß ist“. Die WM in Jakarta ist eine XXL-WM; weil keine Mannschaftsmedaillen vergeben werden, sind rund 500 Spezialistinnen und Spezialisten aus rund 80 Ländern am Start. Vor Ort muss also alles zusammenpassen. Die Reckübung mit der Schwierigkeit 5,4 ist international konkurrenzfähig – wenn er sie denn durchturnt. Beim Challenge Cup vor einem Monat und bei der 2. WM-Qualifikation gelang ihm das allerdings nicht.

Nach dem Sturz im nationalen Vergleich von Saarbrücken hatte Eichhorn seine WM-Hoffnungen sogar begraben, aber Milbradt nominierte ihn doch. In Jakarta soll nun gelingen, was er aus der Bruchlandung gelernt hat: „Noch mehr Gefühl für die Übung im Wettkampf zu haben.“ Wenn der Kopf zu viel will, fehlen im Turnen oft die feinen Details. Und stimmt das Timing nicht, verfehlt man bei Höchstschwierigkeiten am Reck leider die Stange.

Dass im Training diverse Übungen von „guter Qualität“ dabei waren und auch die zwei Teamdurchgänge vor dem Abflug Anfang der Woche „bestens funktioniert“ haben, lässt Eichhorn hoffen. Ein Sahnetag in Jakarta – das wär‘s! Und wer weiß? Vielleicht bringt er seiner Nichte oder seinem Neffen ja ein kleines Geschenk mit aus Indonesien. Edelmetall würde zwar überraschen – aber es liegt auch irgendwie in der Familie.HANNA RAIF

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