ZUM TAGE

Fall Boateng: Die Bayern bieten Angriffsfläche

von Redaktion

Die ablehnende Haltung einiger Bayern-Anhänger gegenüber Jerome Boateng und dessen geplanter Trainer-Hospitanz an der Säbener Straße war unmissverständlich formuliert. Unter anderem „Wer dem Täter Raum gibt, trägt die Schuld mit – Boateng verpiss dich“ war am Samstagabend auf Spruchbändern in der Südkurve zu lesen. So simpel die Forderungen der aktiven Fanszene in der Causa Jerome Boateng sind, so komplex ist allerdings der Sachverhalt.

Der ehemalige Bayern-Verteidiger ist wegen eines Falles von Körperverletzung gegenüber seiner Ex-Partnerin vom Gericht zwar schuldig gesprochen worden – allerdings lediglich in Form einer sogenannten Verwarnung mit Strafvorbehalt. Dadurch ist Boateng nicht vorbestraft. „Von dem Vorwurf des notorischen Frauenschlägers ist gar nichts mehr übrig“, sagte die Vorsitzende Richterin Susanne Hemmerich bei der Urteilsverkündung im vergangenen Jahr. In Teilen der Südkurve sieht man das augenscheinlich anders und wirft dem FC Bayern eine Doppelmoral vor. Schließlich leuchtet die Allianz Arena anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt gegenüber Frauen am 25. November regelmäßig in Orange.

Dass der Verein seiner sozialen Verantwortung gerecht werden möchte, ist eine gute Sache. Phasenweise wirkt der Club bei seinem gesellschaftspolitischen Engagement jedoch übermotiviert und legt eine gewisse Profilierungssucht an den Tag. Dadurch bietet er Kritikern immer wieder Angriffsfläche. Dessen sind sich die Verantwortlichen des Rekordmeisters bewusst. Umso wichtiger ist es, dass sie auch bei gesellschaftspolitischem Gegenwind eine klare Linie verfolgen – und mit unbequemen Themen souverän umgehen. Denn das nächste hausgemachte Problem abseits des Platzes ist erfahrungsgemäß nur eine Frage der Zeit.

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