Traumeinstand: Markus Kauczinski durfte in seinem ersten Spiel als 1860-Trainer dreimal jubeln. © Sampics / Stefan Matzke
Endlich wieder Löwen-Jubel: Die Torschützen Jacobsen und Haugen lassen ihren Emotionen freien Lauf. © IMAGO / SVEN SIMON
München – Chaos, Krise, Absturz. Begriffe, an denen sich Gernot Mang im Zusammenhang mit seinem TSV 1860 gestört hatte. Gestern durfte der leidgeprüfte Oberlöwe endlich wieder jubeln – und mit ihm 13 500 Fans, die einer Traumpremiere beiwohnten. Markus Kauczinski, der sich die Glöckner-Nachfolge zutraute, bescherte Giesing einen unvergesslichen Kirchweih-Sonntag: 3:1 (1:1)-Sieg gegen Duisburg, den nun erstmals geschlagenen Tabellenführer. Nicht alles lief schon rund nach nur sechs Tagen Training unter Kauczinski, doch die wesentlichen Dinge klappen wieder. Hinter sind die Löwen kein Hühnerhaufen mehr (bis auf die Szene vor dem 1:1) – und vorne klappt‘s endlich wieder mit dem Torabschluss. Zweimal Sigurd Haugen plus Thore Jacobsen in der Nachspielzeit – fertig war der Befreiungsschlag. „Wenn man überlegt, wo wir herkommen, kann man zufrieden sein“, sagte der Glöckner-Nachfolger: „Die Mannschaft hat mit sehr viel Herz und Leidenschaft gespielt – und sich am Ende belohnt.“
„Sie dürfen sich auf Überraschungen freuen“, hatte Kauczinski am Freitag orakelt. Der Plural und sein Lausbubenlächeln ließen eine Fülle an Veränderungen erwarten, und das war keineswegs übertrieben. Überraschung 1: Kevin Volland stand nach Fleischwunden-Pause nicht nur im Kader, sondern auch gleich in der Startelf. Überraschung 2: Junglöwe Clemens Lippmann erhielt auf der linken Schiene den Vorzug vor Manuel Pfeifer, der es nicht mal ins 20er-Aufgebot schaffte. Schließlich die dritte Überraschung: Kauczinski setzte beim System auf die viel geschmähte und zuletzt ganz abgeschaffte Defensivdreierkette: Dulic rechts, Voet links – und in der Mitte nicht etwa Trainers alter Weggefährte Max Reinthaler, sondern Mentalitätsverteidiger Raphael Schifferl.
Die neu sortierten Löwen starteten mit viel Schwung. Als Haugen über rechts die erste Chance kreierte, hatten die Ultras in der Westkurve noch keinen Durchblick. Eine XXL-Choreo (Kernbotschaft: „1860“), die laut Aushang 19 800 Euro kostete, versperrte jedem Zuschauer von Block F1 bis J die Sicht aufs Spielfeld, hinzu kam weißer und dunkelblauer Rauch. Ein schöner, kostspieliger Hingucker – aber auch das Geschehen auf dem Platz war deutlich sehenswerter als zuletzt.
1:1 stand es zur Pause, wobei beide Tore kurz vor dem Halbzeitpfiff fielen, binnen 60 Sekunden. Zunächst lenkte Haugen einen Schuss von Deniz ins Duisburger Tor (41.). Da war sie, die lang ersehnte Führung! Doch in den Jubel hinein trieben die Gäste den Ball nach vorne, machten eine Riesenlücke auf der Lippmann/Voet-Seite aus. Hereingabe Symalla, trockener Abschluss Sussek (42.) – wie gewonnen, so zerronnen. Dennoch machte der Auftritt der Kauczinski-Löwen Hoffnung. Kampf um jeden Ball, etliche Versuche, über Direktspiel vors Tor zu kommen, gute Körpersprache. Einziges Problem: Duisburg, obwohl erst seit dem Sommer zurück in der 3. Liga, spielte abgeklärt, bissig – und bei taktischen Fouls auch überaus clever.
Nach der Pause verfielen die Löwen zunächst ins alte Glöckner-Fahrwasser, befreiten sich aber wieder – nicht zuletzt durch Kauczinskis späte, aber goldrichtige Wechsel. Philipp schickte Haugen auf die Reise, der ging ab durch die Mitte und traf cool, nachdem er Duisburgs komplette Restverteidigung umkurvt hatte (78.). In der umkämpften Schlussphase war es dann Dähne, der 1860 die Führung rettete – ehe Jacobsen in der 90.+5 Minute den Deckel draufmachte.ULI KELLNER