Ruhe vor dem Sturm

von Redaktion

Ein NBA-Sommer ohne Skandale, doch die Zukunft wird turbulent – es geht um viel Geld

Achillessehnen-Patient Nummer zwei: Jayson Tatum (Boston). © Instagram

Victor Wembanyama im Shaolin-Kloster. © Instagram

Achillessehnen-Patient Nummer eins: Tyrese Haliburton (Indiana). © Instagram

Hat große Pläne: LeBron James. © Ruiz/Imago

Der Titel? Unerreichbar für Dennis Schröder und sein neues Team Sacramento. © Ruiz/Imago

Los Angeles – Was ist nur aus der Seifenoper NBA geworden? Ein Sommer, nahezu frei von Erdbeben und Skandalen, liegt hinter der besten Basketballliga der Welt. Man könnte auch meinen, es ist die Ruhe vor dem Wandel. In der großen, weiten Basketballwelt stehen tektonische Verschiebungen an, über die tatsächlich mehr gesprochen wird als über den Start der 80. Saison mit dem Eröffnungsspiel zwischen Meister Oklahoma und Houston in der Nacht auf Mittwoch (1.30 Uhr).

■ Money, Money, Money

Kürzlich in Abu Dhabi, als die NBA ein herrlich bedeutungsloses Vorbereitungsspiel abhielt, flog die ganze Chefetage ein. Das kommt so gut wie nie vor, und quasi nur dann, wenn’s ums große Geld geht. Die Realität der Basketballwelt sieht so aus: In Asien gibt es zig Millionen unterversorgte Fans, im Mittleren Osten wiederum gigantisches Geld, das nur darauf wartet, ins Ökosystem des globalen Sports zu fließen. Superreiche aus Abu Dhabi, Saudi Arabien und Katar wollen investieren – und sich rein waschen.

Die Möglichkeiten im Basketball sind vielfältig. Abu Dhabi sponsert bereits die New York Knicks und das US-Nationalteam. Der neue Besitzer der Lakers, Mark Walter, bekam ebenfalls eine ordentliche Finanzspritze aus dem Golfstaat. Das ist aber nichts im Gegensatz zur Zukunft. Die Superreichen blicken auf die NBA-Europa-Liga mit Standorten unter anderem in Manchester, Paris, Berlin und – dem Vernehmen nach – auch Madrid (bei Real) und Barcelona (beim FCB). Dort stehen bald Milliarden-Invests an. In der NBA können sich Fonds mittlerweile bis zu 20 Prozent eines Klubs sichern. Und dann ist da noch die mysteriöse Idee von Superstar LeBron James und seinem Spezl Maverick Carter: Sie wollen mit einigen Partnern eine weltweite Konkurrenzliga im Formel-1-Stil erschaffen – mit einigen Stopps in Asien.

■ Ein Arzt, bitte!

Die NBA hat ein gewaltiges Problem: Am laufenden Band brechen Stars mit schwersten Verletzungen zusammen. Nun auch schon im jungen Alter. In den Playoffs rissen sich mit Damian Lillard (35), Jason Tatum (27) und Tyrese Haliburton (25) drei Top-Spieler die Achillessehne, sie dürften auch die anstehende Saison komplett verpassen. Die Ursachen sind vielfältig. Gerade amerikanische Spieler trainieren viel zu früh, viel zu viel und viel zu einseitig. Wenn sie mit 19, 20 Jahren in die Liga kommen, sind ihre Körper teils böse zugerichtet, sehen aus wie die von Mitte Zwanzigjährigen. Und: Die Spiele laufen im halsbrecherischen Tempo ab. Dieser Extrembelastung halten immer weniger stand.

■ Der Alien, der jetzt Mönch ist

Victor Wembanyama trägt nicht umsonst den Spitznamen „Alien“. Offiziell gemessen wurde er kürzlich auf 2,31 Meter, soll aber tatsächlich noch größer sein. Ein Sommer der Transformation liegt hinter dem französischen Star der San Antonio Spurs. Erst erholte er sich von einer Venenthrombose in er rechten Schulter (weniger schön), dann flog er nach China, um zehn Tage mit Shaolin-Mönchen zu leben und zu trainieren – und vor allem seinen Geist zu schärfen. Zurück in San Antonio packte er viele Kilo Muskelmasse drauf und erinnert nun an einen Hybrid aus Shaquille O’Neal und Giannis Antetokounmpo: ein Bulldozer mit der Grazilität einer Raubkatze. Viel Spaß, diesen Außerirdischen zu stoppen.

■ Und die Deutschen?

Deren EM-Titel wurde nur unter den Hardcore-Fans registriert. Dennis Schröder, der Arme, stößt nun in Sacramento zu einem Team aus lauter unpassenden Puzzleteilen. Franz Wagner und Tristan da Silva hingegen potenzierten ihre Euphorie mit der Ankunft in Orlando. Nach 15 Jahren gehen die Magic mal wieder als Mit-Favorit ins Rennen. Zumindest auf die Final-Teilnahme. Die Verletzungen bei der Konkurrenz sowie der Transfer von Scharfschütze Desmond Bane katapultieren Orlando unter die Top-Teams im Osten. Für den Titel wird es wohl nicht reichen. Alle sind sich einig: Die Meisterschaft wird im wieder mal wilden Westen entschieden. Titelverteidiger Oklahoma und der aufgerüstete Meister von 2023, Denver, um Nikola Jokic haben die mit Abstand besten Kader versammelt. ANDREAS MAYR

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