„Ich bin Kompany-Fan“: Van Buyten über seinen ehemaligen Mitspieler. © imago (2)
„Wir hatten nie Zweifel“: Daniel van Buyten über das Triple in 2012/2013.
Nutzt seine Bühne: Der deutsche U21-Stürmer Nicolò Tresoldi sorgt in Brügge vor Furore – gelingt ihm das auch in der Allianz Arena? © IMAGO/Kalut
München – Daniel van Buyten hat viel zu tun. In seiner Heimat hat er eine Immobilienagentur gegründet, als Spielerberater ist er auch aktiv – und trotzdem nimmt sich 47-Jährige gerne Zeit, um mit unserer Zeitung über den Fußball in Belgien zu sprechen. Der 47-Jährige freut sich auf das Duell des FC Bayern gegen den FC Brügge an diesem Mittwoch (21 Uhr), in dem er die Rollen klar verteilt sieht.
Herr van Buyten, der Tabellenerste gegen den 13. der Champions League – gibt das den Qualitätsunterschied zwischen Bayern und Brügge treffend wider?
Die Kader sind total verschieden. Bayern ist auf einem Top-Niveau und Favorit. Aber Brügge hat auch gezeigt, dass sie in der Champions League gute Ergebnisse erzielen können. Natürlich ist es ein Gegner, bei dem man aus Bayern-Sicht denken könnte: Das wird schon klappen. Und das wird es auch, wenn alles normal läuft. Aber man muss schon aufpassen.
Brügge kommt oft über Laufleistung und Intensität. Müssen die Bayern sich darauf einstellen?
Das kann Brügge, ohne Frage. Sie arbeiten sehr gut gegen den Ball, spielen schnell nach vorne. Aber vor allem gegen Gegner, die nicht dieselbe Qualität haben wie sie. Bisher aber hatten sie noch keinen Gegner wie die Bayern. Die Spieler von Vincent Kompany sind clever, sie werden sich zu wehren wissen. Bayern wird nicht dieselben Fehler machen wie die bisherigen Brügge-Gegner. Sie haben einen der besten Kader der Welt. Das ist schon ein anderes Kaliber!
Anderlecht ist Rekordmeister in Belgien – vor Brügge. Ist der Bayern-Gegner das Dortmund von Belgien?
Das kann man so sehen. Wobei es sich anders als in Deutschland in den letzten Jahren verschoben hat. Ich würde sagen, das belgische „Dortmund“ Brügge ist am belgischen „Bayern“ Anderlecht vorbeigezogen, also: Brügge ist derzeit die Nummer eins. Auch Genk und Saint-Gilloise sorgen für gute Ergebnisse. Wobei deren Kaderwert noch geringer ist.
Der deutsche U21-Stürmer Nicolò Tresoldi ist in Brügge durchgestartet. Will er die Bühne in München nutzen?
Brügge funktioniert mit jungen Spielern. Sie haben viele, die auf ihre Chance warten – aber sie gegen den Jungen auch immer wieder die Möglichkeit zu spielen. Wenn ein junger Spieler so früh das Vertrauen bekommt, gibt er natürlich alles. So ist es bei Nicolo Tresoldi auch. Er wird noch viele Tore schießen, da bin ich mir sicher. Er kann sich auf die große Bühne in der Allianz Arena freuen – aber er wird auch merken, dass die Bayern eine andere Hausnummer sind als die Gegner bisher. Die Bälle werden nicht so gut zu ihm kommen, wie er es gewohnt ist.
Wie weit ist das Niveau der belgischen Liga von der deutschen entfernt?
Die belgische Liga ist in der letzten Zeit viel stärker geworden. Gerne nehme ich Saint-Gilloise als Beispiel: Sie haben wirklich nicht viel Geld, aber arbeiten im Team sehr, sehr gut. Das Niveau wird immer besser. Auch Brügge ist inzwischen wirklich ein gutes Team. Sagen wir so: Belgien hat sich verbessert, die Bundesliga hat sich aber auch verschlechtert.
Im Vergleich zu Ihrer Zeit?
Ja, das finde ich schon. Früher war Dortmund ein Gegner auf Augenhöhe – und zwar über die ganze Saison. Ich verstehe nicht, wie so ein Team plötzlich Siebter oder Achter werden kann. Auch Leverkusen war schwer zu bespielen, Leipzig sowieso. Jetzt aber ist Bayern nach ein paar Spielen schon Meister. Der Unterschied zwischen den besten Gegner und Bayern wird immer größer. Das ist für die Liga nicht gut. Die Topstars drängen im Moment nicht so sehr nach Deutschland.
… und Bayern ist national nicht gefordert, muss aber in der Champions League Topleistung bringen.
Immerhin können sie sich so besser auf die Spiele in der Champions League vorbereiten. Bayern kann es inzwischen so machen wie Paris, die in der Liga vielleicht zwei, drei ernstzunehmende Gegner haben. Sie können rotieren und den Fokus auf die Königsklasse legen. Deshalb haben sie im vergangenen Jahr auch den Henkelpott geholt. Wenn Bayern das auch gelingt, wäre es doch nicht schlecht (lacht).
Trauen Sie Ihrem ehemaligen Verteidiger-Kollegen, Mitspieler und Landsmann Vincent Kompany denn den großen Wurf zu?
Warum nicht? Er ist ein starker Charakter und macht sehr gute Arbeit. Aber ich kenne mich auch im Fußball aus. Wenn Du den Kader der Bayern siehst, ist der Job schon viel leichter, als wenn Du versuchst, mit Mainz die Champions League zu gewinnen. Die Bayern haben auf jeder Position einen Unterschiedsspieler – dabei hast Du Jamal Musiala und Alphonso Davies noch nicht mal dabei.
In München wird er mit Jupp Heynckes verglichen.
Ich kenne beide gut, aber ich mag solche Vergleiche nicht so gerne. Jeder hat seine Philosophie, seine Spielweise. Aber von außen sieht es so aus, dass ich sage: Mit so einem Kader musst du eigentlich jede Trophäe holen! Ein Pokal-Aus wie im Vorjahr darf nicht mehr passieren, auch in der Champions League muss es Minimum unter die Top-4 gehen. Und du hast sogar den Kader, das Ding zu gewinnen!
Hat man den Triple-Geist in der Saison 2012/13 eigentlich wirklich so früh gespürt?
Zu 100 Prozent kann man es auch rückblickend nicht sagen. Aber die Atmosphäre war die ganze Saison über besonders.
Wie genau?
Zwischen uns Spieler hat kein Blatt Papier gepasst, jeder Sieg hat das Zusammengehörigkeitsgefühl verstärkt. Und wir hatten nie Zweifel. Wir haben in jedem Spiel an uns geglaubt – und das ist wichtig für die Körpersprache. Jeder Sieg hat uns noch mehr Energie gegeben, unsere Köpfe waren voll bei der Sache. Und so hatte auch jeder Schuss Präzision. Wir hatten Stress, aber nie negativ.
INTERVIEW: HANNA RAIF