Fit mit 37: Patrick Hager bei der akribischen Spielvorbereitung. © red bull/City-Press
Sein Mentor: Ex-Trainer Don Jackson. © Red Bull/City-Press
Eishockey ist ein Kampfsport: Hager im Duell an der Bande. © Red Bull/City-Press
München – „Ich habe gerade einen frischen Sechsjahresvertrag unterschrieben“, sagte Patrick Hager Anfang September zu unserer Zeitung. Es war ein Scherz. Als der EHC Red Bull München, dessen Kapitän er ist, die vergangene Saison früh im Playoff-Viertelfinale beendet hatte, war er vor den Kameras von MagentaSport, was die eigene Karriereperspektive betraf, melancholisch geworden. Man hätte mutmaßen können, er würde unter dem Eindruck des Scheiterns aufhören. In der Vorbereitung auf die WM, an der Hager 2025 nach längerer Pause wieder teilnahm, verriet er aber, was Sache ist: „Eine Saison hänge ich noch dran.“ Genug, um eine besondere Marke zu erreichen: das 1000. Spiel in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Am Donnerstag (19.30 Uhr) ist es soweit: München trifft im SAP-Garden auf die Eisbären Berlin, den Meister. Das ist ein würdiger Rahmen, in dem dem 37-Jährigen durch EHC-Sportchef Christian Winkler ein sonderbeflocktes Trikot mit vierstelliger Rückennummer überreicht werden wird.
Er ist in München der zweite Spieler nach Yannic Seidenberg, der auf 1000+ Partien kommt, in der Geschichte der DEL und ihres Vorgängerformats Bundesliga (bis 1994) der 13. Um aufgenommen zu werden in den „Club der Tausender“ braucht es eine lange Karriere ohne lange Verletzungsausfälle, ohne Ausflug in eine ausländische Liga, und es hilft, Vereinen anzugehören, die regelmäßig die Playoffs erreichen. Bei Hager lief es so gesehen fast optimal. Er spielte in der DEL für Krefeld, Ingolstadt, Köln und München, letztmals keine Playoffs (von der wegen Corona abgebrochenen Saison 2019/20 abgesehen) erlebte er 2012. Er feierte Meisterschaften mit dem ERC Ingolstadt (2014) und mit München (2018, 2023). Internationale Meriten: 2018 gehörte er zum olympischen Silber-Team. Die einzige Station, an der es für Hager nicht so gut lief, waren die Kölner Haie. Er kritisierte offen einen der nordamerikanischen Mitspieler, geriet so mit Trainer Cory Clouston überkreuz – und wechselte ein Jahr früher als geplant nach München.
Was ihn als Spieler auszeichnet: „Leadership“, sagte sein langjähriger EHC-Trainer Don Jackson immer. Er ist sich sicher, man werde den Anführer Patrick Hager irgendwann als erfolgreichen Trainer erleben. Seit 2019 und dem Karriereende von Michael Wolf ist Hager Kapitän in München. Seine Spielweise: Furchtlos. Er steckt viel ein, wenn er als Mittelstürmer vor dem Tor einparkt, der Rücken muss es aushalten, wenn auf dem Rücken im Sekundentakt der Stock des Gegners einschlägt, ihm sind auch schon die Zahnkronen aus dem Mund gefallen. Hager ist stark in Unterzahl, er kann sich durchschlängeln, Alleingänge unter Druck abschließen. Obwohl er nicht groß ist (1,78 Meter), drückt er mit stabilem Rumpf die Kontrahenten weg. Allerdings kann er auch fies sein. Checks gegen Kopf und Nacken, Kniechecks, das unter Eishockeyspielern geächtete Slew Footing, bei dem man dem Gegner die Füße wegzieht – neben dem Erfolgs- gibt es bei Patrick Hager auch ein Sündenregister. Er polarisiert, an manchen Standorten ist er ein Feindbild.
Doch in München ist er die Figur, die für den EHC steht. Bayerisch (obwohl er in Stuttgart geboren ist, was daran liegt, dass sein Vater Anton auch schon Eishockeyprofi war und 1988 eben beim dortigen damaligen Zweitligisten), bodenständig (er fährt häufig mit der Bahn von seinem Hauptwohnsitz nahe Rosenheim nach München), kommunikativ, kooperativ.
Schönes Beispiel: Red Bull drehte einen Imagefilm über den Bau des SAP Garden, die Idee war, dass ein Spieler in voller Montur einen Berg erklimmt und vom Gipfel herabblickt auf das entstehende Bauwerk. Wer machte es? Hager natürlich. „Das war oberhalb von Bayerischzell, am Sudelfeld, hoch zur Speckalm. Da habe ich richtig geschwitzt.“ Er ging in Turnschuhen, musste aber immer wieder hinein in Schlittschuhe und auf Kufen über Stock und Stein. „Es war wahnsinnig heiß, da habe ich richtig geschwitzt, und manche Passagen haben wir mehrmals drehen müssen, wenn die Einstellung nicht gepasst hat“, erinnert er sich, „aber egal: Auf der Speckalm hat‘s eine Brotzeit gegeben.“ Auch den Beitrag des EHC zur Münchner Olympia-Kampagne gestaltete Patrick Hager: Er fordert die Münchner zur Ja-Stimme auf.
Am Abstimmungstag wird Patrick Hager, wenn alles glatt läuft, sein 1001. Spiel in der DEL machen.GÜNTER KLEIN