Die Leichtigkeit ist zurück: Jubel von Haugen und Jacobsen, den Torschützen beim 3:1 gegen Duisburg. © Sampics / S. Matzke
München – Favoritenrolle? Das Wort fiel am Donnerstag in der Presserunde – ein Reporter erwähnte es, um beiläufig an den Status der Löwen im Sommer zu erinnern. Die Reaktion des Trainers? Eine Einordnung, die nur jemand vornehmen kann, der noch nicht so lange dabei ist – und sich den Blick des Außenstehenden bewahrt hat. Also sagte Markus Kauczinski: „Letzte Woche waren wir Fünfzehnter, aktuell sind wir Zwölfter – ich weiß nicht, ob man da so einen Favoritenstatus hat. Ich glaube nicht, dass man das aktuell so wahrnehmen muss.“
Eine erfrischend realistische Erkenntnis. Die Wahrheit ist, dass die alte Einschätzung von Buchmachern und Ligarivalen keinem Faktencheck standhält. Zehn Drittligisten schossen mehr Tore, elf kassierten weniger Gegentore. Die 15 Punkte, die nach elf Spieltagen zu Buche stehen, kommen nicht von ungefähr. Vier Siege, vier Niederlagen, drei Unentschieden – damit und mit dem aktuellen Torverhältnis (17:18) verkörpern die hoch gehandelten Löwen ziemlich genau das, was keiner bei 1860 darstellen will: Mittelmaß.
Aber: Es gibt Hoffnung, dass die trüben Zeiten vorbei sind. Der Ex-Braunschweiger Marvin Rittmüller vertritt die These, dass es gut ist, wenn man sich die offenbar unvermeidliche Krise zu Beginn einer Saison nimmt. Gemeint: Ab da kann alles nur besser werden. Nimmt man das Spiel gegen Duisburg zum Maßstab, mag das sogar stimmen. Hinten hat Kauczinski den Löwen ihre Flatterhaftigkeit ausgetrieben, vorne war die Chancenverwertung so gut wie lange nicht.
Auf dem Sieg gegen den Tabellenführer lässt sich aufbauen – so sieht das auch der neue Trainer. „Wenn man neutral draufguckt, dann hat man gesehen, dass die Dinge noch nicht komplett perfekt laufen. Für mich war‘s trotzdem sehr gut – weil ich‘s nicht erwartet habe. Unter der Woche hatte ich gemerkt, dass die Mannschaft Ballast mit sich rumschleppt. Dann so einen Auftritt hinzulegen: emotional, leidenschaftlich, phasenweise mit richtig gutem Fußball. Für mich war das ein guter erster Schritt.“ Kauczinskis Erkenntnis: „Selbst wenn bei uns nicht alles perfekt läuft, können wir Spiele gewinnen.“ Das habe er der Mannschaft auch exakt so gespiegelt.
Der nächste Schritt besteht nun darin, das Erarbeitete zu bestätigen. Mannheim zählt zu den Auswärts-Angstgegnern der Löwen, doch schon vorige Saison gab es dort einen souveränen Sieg (3:0). Zudem hat sich das Team eine Position erarbeitet, die als Sprungbrett zu sehen ist. Im besten Fall – eigener Sieg, Niederlagen der Rivalen – könnte 1860 auf Platz sieben hüpfen. Mit 15 Punkten ist mit Blick nach oben noch nichts verloren. Auch das ist eine Wahrheit, die staunen lässt: Nur zweimal in der 3. Liga hatten die Löwen nach elf Spielen mehr Punkte auf dem Konto. Kauczinskis Forderung an die Mannschaft: „Emotionen und Leidenschaft konservieren!“ Weitere Siege, ob als Favorit oder nicht, kommen dann von selber.ULI KELLNER