Nachdenklich: Kauczinski nach Spiel zwei mit 1860.
Liegt‘s an den Köpfen oder an der Kondition? Platte 1860-Profis nach dem entglittenen Spiel in Mannheim. © Sampics (3) / Stefan Matzke
Mannheim – Neun Minuten! Warum, wusste nur Felix Wagner, der Mannheim und 1860 in eine Extraschicht zwang. Anlass, so lange nachspielen zu lassen, gab es kaum. Womöglich hatte der Schiedsrichter aus Dillingen an der Donau ein schlechtes Gewissen, weil er seinen Landsleuten einen berechtigten Elfmeter verweigert hatte. Neun Minuten – eine kleine Ewigkeit im Fußball. Mannheim hatte nur sechs gebraucht, um aus dem Pausenstand von 1:1 ein 3:1 zu machen. Das Problem aus Sicht der Gäste: Sie wussten mit der geschenkten Zeit nichts mehr anzufangen. Spätestens seit dem Doppelschlag durch Okpala war die Gegenwehr erlahmt, die Körpersprache auf Halbmast. „Irgendwann war‘s zu wild“, kommentierte Markus Kauczinski ernüchtert, „und dann war auch der Akku leer.“
Eben noch gefeierter 3:1-Sieger gegen Tabellenführer Duisburg, sechs Tage später 1:3 beim ewigen Auswärts-Angstgegner SV Waldhof unterlegen. Kauczinski nahm die erste Niederlage unter seiner Regie äußerlich gefasst hin. Innerlich dürfte es anders ausgesehen haben. Wie lässt sich erklären, dass das mentale Kartenhaus, das er mühsam errichtet hatte, schon beim ersten Gegenwind in sich zusammenfällt? Die 90+9 Minuten vom Samstag – typisch für eine Mannschaft, der die Verunsicherung tief in den Knochen sitzt. Nach dominantem Start war 1860 in Führung gegangen: Deniz-Vertreter Max Christiansen schweißte einen Abpraller wuchtig ins Netz (10.). Eine verdiente Führung – und eine starke Reaktion auf die Strafstoßszene in der sechsten Minute, bei der Ferati vor den Augen des Schiedsrichters Volland auf den Fuß gestiegen war. Mannheim antwortete durch Abifade, der wie Christiansen mit Highspeed draufhielt (24.). Okpala setzte den Tag der Traumtore nach der Pause fort und legte sicherheitshalber gleich noch das 3:1 nach (60., 66.).
Nicht nur in dieser Phase wirkte die 1860-Deckung unsortiert und passiv. Die große Frage: Waren es die mentalen Akkus, die irgendwann leer waren? Oder doch eher die körperlichen? Kauczinski wechselte dreifach: Volland raus, Niederlechner raus, Christiansen raus. Doch auch mit frischen Kräften – Hobsch, Philipp, Maier, später noch Wolfram und Reinthaler – fehlte der Glaube an eine Wende. Es wirkte, als hätte es das Erweckungserlebnis gegen Duisburg nie gegeben.
Für Präsident Gernot Mang, der die zweite Halbzeit im dicht gedrängten Gästeblock verfolgt hatte, war das Spiel ein Rückschlag, aber kein Beinbruch: „Die ersten 15 Minuten hab ich gedacht: Toll! Man sieht ja schon die ersten Ansätze. Leider haben wir dann zu viele Fehler gemacht. Dazu kommt ein Schiedsrichter, der sicher nicht seinen besten Tag hatte.“ Seine Löwen allerdings auch nicht. Mang legte den Finger in die Wunde: „Ich glaub schon, dass wir noch körperliche Defizite haben.“ Er sieht allerdings, dass das Team bei Kauczinski in guten Händen ist: „Er macht das hervorragend!“ Mangs Marschroute: „Gegen Cottbus und in Regensburg Punkte mitnehmen – und dann die Länderspielpause gut nutzen.“
Auf der Rückfahrt nach München legte Mang einen Zwischenstopp ein: Besuch eines Fanclubs. Die Stimmung bei den „Holzländer Löwen“ (Landkreis Aichach-Friedberg) sei grundsätzlich positiv, berichtete er – wie seine ja auch. „Bei mir ist das Glas immer halbvoll“, beschied der Oberlöwe den Untergangs-Propheten im Umfeld: „Es sind noch 26 Spieltage. Wir müssen jetzt einfach schauen, dass wir Ruhe und Stabilität reinbekommen – und dann im Frühjahr eine gute Rückrunde spielen.“ULI KELLNER