Das Lachen ist zurück: Ryan Murphy (li.) und Dillon Heatherington. © IMAGO
München – Zu Beginn des Schlussdrittels war für Ryan Murphy dieser Jetzt-oder-Nie-Moment gekommen. Der Verteidiger in Diensten des EHC Red Bull München legte sich an der blauen Linie den Puck noch einmal kurz zurecht ehe er abzog. Und die Scheibe tat, was sie in dieser Saison bislang so gar nicht hatte tun wollen. Sie rauschte wie an der Schnur gezogen, vorbei am lässig zur Seite tretenden Maxi Kastner, ins lange Eck. Es war das zwischenzeitliche 3:3, es war der Moment, in dem der, wie ein D-Zug heran rauschende EHC diesem Duell mit den Schwenninger Wild Wings endgültig eine neue Richtung gab.
Und Murphy? Der Kanadier nahm still die Faust zum Mund. „Weil ich einfach so erleichtert war.“ Bis zu diesem 14. Spieltag hatte er bis zu diesem Glücksgefühl warten müssen. Die Zwangspause wegen einer Gehirnerschütterung inklusive. Eigentlich zu viel für den Mann, den der Club im Sommer mit so viel Vorschusslorbeeren vom Schwesterclub aus Salzburg losgeeist hatte.
Die Idee war ja schon, dass der wertvollste Spieler der ICE Hockey League ein Typ wie Zach Redmond sein konnte. Der Offensivverteidiger, mit dem der EHC 2023 letztmals Meister wurde. Gegen Schwenningen deutete sich nun zumindest an, dass dieser Gedanke der richtige gewesen sein könnte.
Aber nicht nur in seinem Fall. Bei den beiden spektakulären Heimspielen am Freitag gegen die Eisbären Berlin (3:2) und gegen Schwenningen (5:4) verstärkte sich der Eindruck, dass der neue EHC auf dem besten Weg ist, die Findungsphase hinter sich zu lassen. Die zu Saisonbeginn noch so verhängnisvollen Stockfehler werden weniger, das Spiel flüssiger. „Wir haben sicher noch einiges zu tun“, sagte Murphy, „aber wir bewegen uns in die richtige Richtung.“
Der einstige NHL-Profi (u.a. Carolina Hurricanes) kennt das. Er hatte bereits vor zwei Jahren erlebt, was es bedeutet, sich in Red Bull Eishockey einzufügen. Als er nach einem Abstecher in die osteuropäische KHL seine Zelte in Salzburg aufschlug. „Das war noch deutlich schwieriger“, sagte er, „damals war wirklich alles neu. Ich habe viele Stunden Video geschaut um das System zu verstehen.“ Und jetzt? „Zumindest sind wir so weit, dass wir auf Rückschläge reagieren.“
Rückschläge wie der frühe 1:3-Rückstand gegen Schwenningen, dem der EHC lange vergeblich hinterherlief. Die Art wie sich der EHC aus dieser Bedrängnis befreite, gefiel natürlich auch Trainer Oliver David. „Wir haben unseren Weg mit harter Arbeit gefunden“, stellte der Kalifornier zufrieden fest. Bis zu jener Schlüsselszene im zweiten Drittel. Bis zum Auschluss von Chris DeSousa, der seinen Gegenspieler bei einem Check am Kopf getroffen haben soll. Fünf Minuten lang spielte der EHC da in Unterzahl. Doch die knifflige Phase wurde fast zu einer Defensivdemonstration. In echte Bedrängnis geriet nur Schwenningens Goalie Michael Bitzer bei einem Vorstoß von Tobi Rieder. „Wie wir das überstanden haben war definitiv ein Schlüsselmoment.“
Nun allerdings heißt es, den Aufwärtstrend auch auf Reisen zu bestätigen. Am Dienstag (19.30 Uhr) müssen die Münchner bei den Grizzlies aus Wolfsburg ran. PATRICK REICHELT