„Wie von einem anderen Planeten“

von Redaktion

Lukas Mertens über die Island-Duelle und den deutschen Handball

Island-Block in Magdeburg: Omar Magnusson (li.) und Kristjánsson. © Gora/Imago

In der Nationalmannschaft sind Lukas Mertens und Gisli Kristjánsson Gegner, in Magdeburgs sind sie Teamkollegen. © Wolf/Imago

Deutschland gegen Island – für Handball-Nationalspieler Lukas Mertens sind die beiden DHB-Testspiele (Donnerstag in Nürnberg, Sonntag im SAP Garden) besondere Partien, denn der 29-Jährige hat mehr „Mitspieler“ im gegnerischen Team als im eigenen. Im Bundesliga-Alltag geht der Linksaußen mit Omar Ingi Magnusson, Gisli Kristjánsson und Elvar Örn Jónsson für den SC Magdeburg auf Punktejagd.

Herr Mertens, wie viel interne SCM-Sticheleien gab‘s im Vorfeld?

Gar nicht so viele. Der Fokus lag bis Sonntag auf dem SC Magdeburg. Nach unserem Sieg in Hannover haben wir uns über die Länderspiele unterhalten. Die drei Jungs sind absolute Weltklasse im Rückraum. Ich bin gespannt, was auf uns zukommt.

Das müssen Sie am besten wissen. Wie kann man das Trio aufhalten?

Ihre Stärken liegen sicher in den Eins-gegen-Eins-Situationen, darauf basiert auch der SCM-Spielstil im Rückraum. Wenn wir ihre Antritte schnell unterbrechen können, bin ich optimistisch, dass wir sie stoppen können.

Alle drei sprechen erstaunlich gut Deutsch. Wie steht es um Ihr Isländisch, taugen Sie diesbezüglich auch als Spion?

(lacht) Sie haben versucht, mir ein paar Dinge beizubringen, aber ich kann es nicht aussprechen. Es geht einfach nicht. Wenn die drei sich unterhalten, klingt das wie eine Sprache von einem anderen Planeten. Sie machen ganz viel mit ihrer Zunge. Ich finde das extrem faszinierend, nur verstehe ich überhaupt nichts.

Die drei trainieren jeden Tag zusammen. Ist das ein Vorteil oder ist die Situation auch für sie in der Nationalmannschaft eine völlig andere?

Das macht schon einen großen Unterschied. Sie haben gewisse Automatismen verinnerlicht, die sie sich nicht erarbeiten müssen. Das ist bei uns anders, die ersten drei Tage in dieser Woche haben wir unter anderem dafür genutzt, dass sich taktische Dinge wieder einspielen. Aber deshalb sind die Spiele für uns auch so wichtig. Klar, es ist kein Champions-League-Halbfinale, aber wir haben mit der Nationalmannschaft nicht so oft die Möglichkeit, auf so hohem Niveau zu testen.

Trotz der individuellen Klasse hat es für Island zuletzt nie ganz nach vorne gereicht, wieso?

Darüber haben Gisli und ich interessanterweise die Tage auch gesprochen. Vielleicht liegt es daran, dass die Isländer zwar eine überragende erste Sieben haben, aber dahinter etwas schwächer werden. Wenn die Topstars so viel spielen müssen, fehlen am Ende ein paar Körner. Das Gegenbeispiel ist Dänemark. Die können wechseln wie sie wollen und haben 16 Spieler auf fast einem Niveau.

Wie gut ist das DHB-Team? Die Erwartungen sind immer hoch, aber sind die Top-4 vor jedem Turnier wirklich ein realistisches Ziel?

Ich finde schon, dass wir so selbstbewusst sein sollten, uns das vorzunehmen. Wenn du mit der Auslosung Pech hast, in der Gruppenphase Schlüsselspiele verlierst und früh auf Dänemark triffst, kann es natürlich auch schon früher vorbei sein. Wer die in absehbarer Zeit schlagen soll, weiß ich nicht. Titel sind deswegen derzeit auch sehr, sehr schwer zu holen. Aber um die Medaillen wollen wir immer spielen.

Zumindest punktuell hat das mit Olympia-Silber 2024 und zwei vierten Plätzen (WM 2019, EM 2024) auch geklappt zuletzt…

Genau. Aber wir wollen und brauchen noch mehr Konstanz. Dafür erfährt der Kader – sicher auch mit Blick auf die Heim-WM 2027 – aktuell auch eine kleine Verjüngung. Wir versuchen, an den richtigen Stellschrauben zu drehen.

Bis 2027 läuft auch der Vertrag von Bundestrainer Alfred Gislason. Ihr Vereinstrainer Bennet Wiegert wird auch immer mal wieder für den Posten gehandelt. Für Sie vorstellbar?

Irgendwann kann ich mir Benno sicher als Bundestrainer vorstellen, aber noch nicht in den nächsten drei bis vier Jahren.

INTERVIEW: MATHIAS MÜLLER

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