Punktegarant Serhou Guirassy erzielte nach einer kleinen Torflaute in Augsburg den entscheidenden Treffer. © Ruiz/Imago
Augsburg – Sandro Wagner traute sich. Und ihm war angeblich gar nicht mulmig dabei. Nach einer furchtbaren Heimspielwoche angefangen mit der 0:6-Klatsche gegen RB Leipzig, das 0:1 im DFB-Pokal gegen den Zweitligisten VfL Bochum und erneut ein 0:1 gegen Borussia Dortmund trat Wagner vor die Fankurve. „Ich wollte mich stellen und mich natürlich auch bedanken“, erklärte der Coach, der sich positiv überrascht zeigte vom „krassen Zuspruch“ der Anhänger inmitten der Krise. Es hagelte für die Mannschaft – und auch für ihn – am Freitagabend im Stadion nicht wieder gellende Pfiffe, sondern die Anhänger honorierten den Einsatz und die Verbesserungen im FCA-Vortrag auch mit Applaus.
Das Schlussbild übertüncht aber nicht das gesamte Stimmungsbild, das die aktive Fanszene während des Spiels auf mehreren Protest-Bannern präsentiert hatte. Und die Botschaften richteten sich auch ohne Namensnennung gegen die Vereinsführung und den Trainer.
„Große Worte, keine Taten – wie lange wollt ihr noch warten?“, war da zu lesen. Und: „Imagewechsel vollbracht: Von der grauen Maus zur Schießbude.“ Oder: „Personenkult und Marketingwahn – das sind nicht unsere Werte.“ Teile der Anhängerschaft sehen ihren Verein mit Wagner auf einem Irrweg.
Als der 37-Jährige vor der Kurve stand, war ihm die Protest-Aktion noch gar nicht bekannt gewesen. Jedenfalls sagte Wagner das so. Er habe das während des Spiels nicht mitbekommen. Er äußerte jedoch Verständnis, auch wenn er seinen Namen nicht sehe, als ihm die Parolen vorgelesen und gezeigt wurden. „Das ist ganz normal, wenn die Ergebnisse nicht da sind. Das müssen wir akzeptieren – Punkt“, sagte Wagner. Dennoch fand er die Aktion „schade“.
Sie stachelt einen wie ihn aber auch an. Ebenso wie die Bosse, die weiter zu ihrem Weg mit dem Trainer-Newcomer in der Bundesliga stehen. Auch die Spieler rücken nicht ab vom Trainer und dem neuen Weg. „Den gemeinsamen Weg werden wir bis zum letzten Atemzug gehen“, sagte FCA-Verteidiger Keven Schlotterbeck kämpferisch. Neun Spiele, sechs Niederlagen, nur sieben Punkte – trotzdem „ist es keine Vollkatastrophe, wir sind nicht abgeschlagen“, meinte Torwart Finn Dahmen.
Wagner hat auch schon einen Plan, wie er die Stimmung und die sportliche Lage wenden will: „Wie kann man etwas ändern? Arbeiten, arbeiten, arbeiten.“ Dabei zeigt er sich nicht stur. Er passte den zuvor übermütigen Spielstil gegen den BVB dahingehend an, mehr defensive Stabilität zu erzeugen.
Unter dem Strich stand aber trotzdem wieder eine Nullnummer bei Punkten und eigenen Toren. Und eine Slapstick-Aktion bescherte dem BVB-Angreifer Serhou Guirassy das Siegtor. „Es ist dann einfach blöd, dass wir uns selber anköpfen und ein gegnerischer Topstürmer alleine vor unserer Kiste ist“, sagte Wagner zur unfreiwilligen Hilfestellung von Verteidiger Chrislain Matsima.
Guirassy beendete damit seine Torflaute nach 438 Minuten, BVB-Trainer Niko Kovac hofft derweil auf viele weitere Tore: „Wir brauchen Serhou, er ist derjenige, der uns die Punkte garantieren kann.“ Am kommenden Mittwoch in der Champions League gegen Manchester City soll der nächste BVB-Sieg her.DPA, SID