Viel Arbeit, aber wenig Zeit

von Redaktion

Deutschlands Handballer wissen um ihre Baustellen – der EM-Kader nimmt Formen an

Tom Kiesler, Gummersbach

München – Als Deutschlands Handballer am Sonntagabend die Katakomben des SAP Garden betraten, schien es, als wüssten sie selbst nicht genau, wie die Island-Woche zu bewerten sei. Allzu niedergeschlagen wirkte aber niemand, obwohl auf die Party in Nürnberg (42:31) die Ernüchterung in München (29:31) folgte. „Es ist schwierig einzuordnen“, sagte Lukas Mertens unserer Zeitung. „Wir haben eine junge Mannschaft, die braucht vielleicht noch die ein oder andere Trainingseinheit.“

In der Tat griffen, besonders im zweiten Duell mit den Nordlichtern, nicht alle Rädchen ineinander. „Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, um richtig stabil zu spielen“, erkannte auch Bundestrainer Alfred Gislason im ZDF. Als letzter Eindruck blieb – wie so oft in der Vergangenheit – die mangelnde Konstanz. Bis zum EM-Start in Dänemark, Schweden und Norwegen (15. Januar bis 1. Februar 2026) soll und muss alles noch einen Tick besser werden, wenn man um die Medaillen spielen will.

Die Krux: Das DHB-Team trifft sich erst im Januar für zwei abschließende Tests gegen Kroatien noch ein letztes Mal vor dem Turnier. Seinen finalen Kader benennt Gislason allerdings schon Mitte Dezember. Gut möglich, dass Abwehr-Maschine Tom Kiesler, der seine ersten beiden Spiele im DHB-Dress absolvierte, auf den EM-Zug aufspringen wird. „Ich versuche erst mal in der Liga weiter Gas zu geben“, sagte der 24-Jährige, ergänzte dann aber: „Ich will auf jeden Fall dabei sein bei der EM.“ Zusammen mit seinem Gummersbacher Teamkollegen Julian Köster könnte der 1,91-Meter-Mann ein wichtiges Duo bilden. „Mit Julian bin ich natürlich gut eingespielt im Mittelblock, dementsprechend viel Spaß macht es“, so Kiesler.

Und sonst? Ein Anführer hat sich noch nicht herauskristallisiert. Köster (25), der vermehrt auf der Mittelposition agiert, versuchte viel – nicht alles gelang. Juri Knorr (25) überzeugte – von der Bank kommend – vor allem im ersten Spiel. Marko Grgic war in München zwar bester Werfer, ist aber mit 22 Jahren wohl noch nicht bereit, dauerhaft alleine Spiele in die Hand zu nehmen.

An zu hohen Erwartungen scheint derzeit auch Renars Uscins zu knabbern. Der 23-Jährige, der als U21-Weltmeister wie ein Komet im Nationalteam einschlug, wirkt verglüht. Die Leichtigkeit ist dem Linkshänder völlig abhandengekommen. Da die Alternativen auf dieser Position überschaubar sind, zumal sich Nils Lichtlein verletzt hat, führt an Uscins aber kein Weg vorbei. Einen Rüffel bekam dafür ein anderer Rückraumkollege. „Wir machen leichte Fehler, wir verwerfen zu viel“, bemängelte Gislason und erwähnte explizit den Namen „Miro Schluroff“.MATHIAS MÜLLER

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