… bis der Retter kam: Kane traf zum 2:2. © IMAGO
Ende eines anstrengenden Arbeitstages: Die Bayern versuchten, das 2:2 bei Union einzuordnen. Am Ende sagten sie: „Ein gewonnener Punkt.“ © Rappöld/Koch/IMAGO
Berlin – Für einen kurzen Moment war der Frust groß. Als im Stadion an der Alten Försterei am Samstagnachmittag nach 97 (!) Minuten der Abpfiff ertönte, platzte es aus Joshua Kimmich heraus. Eine Aktion wäre in den Augen des Vize-Kapitäns des FC Bayern mindestens noch drin gewesen, also meckerte er – und sah nach Spielende die Gelbe Karte. Das 2:2 (1:1), das er auf der Anzeigentafel sah, schmeckte ihm und seinen Kollegen freilich gar nicht, denn es bedeutete, das die bis dato schon einmalige Siegesserie von 16 Spielen an diesem kalten Herbsttag in der Hauptstadt ein Ende gefunden hatte. Aber es dauerte keine Minute, da war Kimmich wieder besänftigt. Dafür genügte ein Blick auf die Bundesliga-Tabelle.
„Am Ende ist es ein sehr guter Punkt für uns, weil wir Punkte gesammelt haben und die Konkurrenz nicht. Deswegen sind wir heute sechs Punkte voraus“, sagte Manuel Neuer ein paar Minuten später und fasste den Tag des FC Bayern treffend zusammen. Denn während die Bayern gegen herzhaft kämpfende Unioner das erste Mal in der laufenden Saison Federn ließen und den Liga-Startrekord (zehn Siege unter Pep Guardiola) verpassten, hatte RB Leipzig in Hoffenheim genau das gemacht, was man sich als Verfolger nicht leisten sollte: NICHT da zu sein, wenn die Bayern patzen. Das 1:3 im Kraichgau vergrößerte den Abstand auf den Tabellenführer, der nun sechs Punkte voraus hat – und nach Angaben von Sportdirektor Christoph Freund „mit einem positiven Gefühl“ zurück nach München flog.
Noch am Abend setzte die Maschine in Oberpfaffenhofen auf, von dort aus verabschiedete Vincent Kompany seine Jungs in die Länderspielpause. Im Gepäck war nicht nur aufgrund der tabellarischen Situation „ein gewonnener Punkt“ (Freund), sondern auch mit Blick auf den Spielverlauf. Auch wenn Neuer sagte: „Ich hatte sogar den Glauben, dass wir gewinnen können am Ende“, hatte man in Köpenick eher an einer Niederlage geschnuppert. Ein Milimeter-Abseitstor war Union per VAR aberkannt worden, trotzdem gingen die Gastgeber zweimal durch Danilho Doekhi in Führung (27./83.), ehe die Bayern durch einen Geniestreich von Luis Diaz (38.) und „Mr. Zuverlässig“ Harry Kane (90.+3) zurückschlugen. Neuer: „Das letzte hat besonders gut geschmeckt.“
So war dem Tag die Brisanz genommen – und Freund konnte von der „super Mentalität“ seiner Mannschaft schwärmen. Und immerhin: Ausreden ließ keiner zählen. Zwar seien die letzten Wochen „intensiv“ gewesen (Freund), aber „müde war niemand“, betonte Neuer, währen Kompany die ausgebliebene Rotation nach dem 2:1 in Paris am Dienstag verteidigte. Union war schlicht und ergreifend gierig und giftig, während es bei den Bayern nach den Super-Überflieger-Wochen gemenschelt hat. „Wir sind nicht gut ins Spiel gekommen. Da passiert Menschen, das passiert Fußballern, das passiert uns“, sagte Neuer. Klang stark nach: abhaken, weitermachen!
Ab jetzt wird halt von vorne gezählt – und ungeschlagen ist man ja weiterhin. Freund versicherte: „Die Serie war ein großes Thema nach außen. Aber das war kein Dämpfer.“ Und Kane freute sich fast: „16 Spiele, unglaublich! Aber jetzt ist‘s vorbei und es wird auch nicht mehr darüber geredet.“ Hat auch sein Gutes. Und passiert ist ja – siehe RB– eh nichts. Warum also aufregen?!HANNA RAIF