Nun geht es in die Analyse: Bundestrainer Harold Kreis mit seinen Assistenten Mark French und Alex Sulzer. © DEB/City-Press
Landshut – Ob er während der Spiele um den Deutschland Cup im Kopf eine imaginäre Strichliste führe, wer von den Nationalspielern gerade eine gute Aktion, wer eine schlechte gehabt habe, wurde Eishockey-Bundestrainer Harold Kreis in Landshut gefragt. Das Turnier war verkauft worden als Generalprobe für die Olympischen Spiele in drei Monaten und somit auch die letzte Chance, sich zu qualifizieren für einen der 25 Plätze im Mailand-Kader – doch der 66-Jährige wies es weit von sich, dass ihn das Thema Olympia beschäftige, wenn er sich gerade mitten im Coaching befinden. „Ich mache“, sagte er, „mir höchstens Gedanken, ob ich vor Mitternacht noch einen Kaffee trinke.“ Im Ernst: In den kommenden Tagen geht er mit mit seinen Assistenten Alex Sulzer (Bremerhaven) und Mark French (Ingolstadt) die Videos noch einmal durch. Daraus wird sich zu jedem der in Landshut eingesetzten Akteure eine Wertung ergeben.
Wiederholt hat Harold Kreis darauf verwiesen, dass nicht nur die Olympischen Spiele vor der Tür stehen, „sondern auch die Weltmeisterschaft in der Schweiz 2026 und die Heim-WM 2027“. Er muss denen eine Perspektive in der Nationalmannschaft bieten, die er nicht für Mailand nominieren kann. Er und Sportvorstand Christian Künast haben beim DOSB im Sommer eine Longlist mit 84 Olympia-Kandidaten eingereicht – doch das war eine Formalie. Die Realität: Auch langjährige Stammkräfte werden durchs Raster fallen, denn es stehen auch die in Nordamerika tätigen Spieler zur Verfügung. „Die NHL-Spieler sind gesetzt“, sagt Kreis. Kapitän Moritz Müller: „Es wäre verrückt, sie nicht mitzunehmen.“
Das ist der Stand im Kader-Puzzle von Harold Kreis.
Tor: Gesetzt ist Philipp Grubauer (Seattle Kraken), obwohl er erst drei NHL-Einsätze hat diese Saison. Dahinter: Mathias Niederberger (München), der beim Deutschland Cup (4:1 gegen Lettland) gut hielt. Eine Empfehlung hinterlegte mit dem Shut-out (3:0 gegen Slowakei) auch der Mannheimer Maxi Franzreb. Chancen hat zudem Arno Tiefensee, der trotz NHL-Vertrags mit Dallas in der East Coast Hockey League im Farmteam des Farmteams gelandet ist.
Abwehr: Aus der NHL kommt Moritz Seider (Detroit). Die Firm von Maksymilian Szuber (Tucson/AHL) überprüft Kreis demnächst vor Ort – der Ex-Münchner steht statistisch gut da (9 Spiele, 6 Scorerpunkte). Bleiben sechs Positionen. Sie werden aus diesem Kreis besetzt: Fabio Wagner (München), Leon Hüttl (Ingolstadt), Jonas Müller (Berlin), Lukas Kälble (Mannheim). Moritz Müller (Köln) spielte stark, für den fast 39-Jährigen spricht seine Persönlichkeit. „Er hört den Puls der Mannschaft“, so Harold Kreis. Der Trainer hofft noch auf den besten deutschen DEL-Verteidiger Kai Wissmann (Berlin), dem im Sommer die Achillessehne riss: „Kai ist ehrgeizig, aber bei dieser Verletzung kann man nichts forcieren.“ Leon Gawanke (Mannheim) kämpft um seine Form, Chancen hat der junge Münchner Phillip Sinn.
Angriff: Leon Draisaitl (Edmonton), Tim Stützle (Ottawa), JJ Peterka (Utah), Lukas Reichel (Vancouver), Nico Sturm (Minnesota) – mit den NHL-Spielern lassen sich fast zwei Sturmreihen besetzen. Wojciech Stachowiak (Syracuse/AHL) erwartet man bald in der NHL (Tampa Bay), auch Josh Samanski (in Edmontons Farmteam Bakersfield) kommt in Schwung. Sieben von 14 Plätzen sind weg. Der NHL-Klasse nahe kommen Frederik Tiffels (Berlin) und Dominik Kahun (Lausanne) – sein in Landshut erlittener glatter Armbruch sollte rechtzeitig ausheilen.
Kreis ist es wichtig, „Rollen zu besetzen“. Er sieht im Sturm „eine Top Six“ und eine „dritte Reihe in einer Hybridfunktion“ (Arbeit plus Kreativität). Im vierten Sturm sollen sich die Schaffer vereinigen – Aspiranten: Tom Kühnhackl, Alex Ehl (Mannheim). Zum großen Angebot vorne zählen außerdem: Kastner, Ehliz, Rieder (München), Schütz, Michaelis (Mannheim), Pföderl (Berlin), Tuomie (Köln). Es wird reichlich Härtefälle geben.GÜNTER KLEIN