ZUM TAGE

Giesinger Wohlfühloase, selbst geschaffen

von Redaktion

Das ewige Scheitern des TSV 1860

Links Hans Sitzberger, in der Mitte Christian Werner, rechts Marc-Nicolai Pfeifer. Aufgereiht wie eine lebendige Ahnengalerie saßen sie da, die ehemaligen 1860-Funktionäre, allesamt im Unfrieden geschieden. Auch Michael Köllner schaute vorbei – ein weiterer Ex-Löwe, der sehr beliebt war, ehe sich das Blatt wendete.

Es spricht für sich, dass selbst die Vertriebenen nicht loskommen von diesem Club, dass sie ihre Freizeit opfern, um live im Stadion dabei zu sein. Einmal Löwe, immer Löwe – das gilt offenbar. Doch bei aller Faszination, die von diesem Verein ausgeht, haftet ihm etwas an, was kein Trainer, kein Geschäftsführer und kein Präsident je in den Griff bekam: der Hang zum dramatischen Spannungsabfall. Am Sonntag gab es den nächsten Gruselauftritt: 0:4 in Regensburg. Ob Sitzberger, Pfeifer, Werner oder Köllner – sie alle dürften auf der Tribüne gedacht haben: Hat sich also nicht viel geändert…

So wankelmütig wie derzeit haben sich die Löwen aber schon lange nicht mehr präsentiert! Dem 3:1 gegen Tabellenführer Duisburg folgte ein kraftloses 1:3 in Mannheim, dem 3:0 gegen Cottbus (auch als Erster angereist) das desaströse 0:4 von Regensburg – ein spielerischer wie kämpferischer Offenbarungseid. An der Qualität kann es kaum liegen – wie wären Heimpartys gegen Topteams sonst möglich? Es liegt nahe, den Charakter des Teams infrage zu stellen, doch womöglich greift auch das zu kurz. „So einen brutalen Zusammenhalt habe ich noch in keiner Kabine erlebt“, hatte Werner geschwärmt, als er noch Sportchef war.

Was bleibt da als Erklärungsansatz? Vielleicht der Druck, die in Giesing stets (zu) hohen Erwartungen. Oder das Gesamtkonstrukt 1860 selbst. Kann eine Mannschaft konstant performen, wenn auf Funktionärsebene das Gegenteil von Konstanz vorgelebt wird? Dazu reicht ein Blick auf die Riege der Ehemaligen: Pfeifer musste gehen, obwohl er fleißig Sponsoren sammelte. Sitzberger, obwohl er Herzblut und Geld investierte. Werner wollte das Team härter anpacken, eckte damit aber an – der Rückhalt der Gesellschafter fehlte. Die Vereins-Politik liefert den Fußballern zu oft ein Alibi. So entstehen Wohlfühloasen – und Stillstand. Ein Verein wie 1860, in einer schönen Stadt, grell ausgeleuchtet, ist besonders anfällig dafür.

Im Ergebnis läuft es nun wie fast jedes Jahr: Es ist November, der Zug nach oben längst abgefahren. Und Saisonziel Nummer zwei, die Teilnahme am DFB-Pokal über den Totopokal, steht schon am Mittwoch auf dem Spiel. In Aubstadt kann man verlieren – Köllner, siehe 2022, weiß das nur zu gut.

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