Was kann er, der Straßer?

von Redaktion

Volles Risiko: Münchens Ski-Ass Straßer geht mit neuem Material in Olympia-Saison

Juhuu, ich habe Geburtstag: Am 6. November feiert Straßer seinen 33. Geburtstag, trainiert wurde trotzdem. © Instagram/Straßer, Teyssot/Imago

Volles Risiko: Linus Straßer startet mit neuem Material in die Olympia-Saison. © Instagram/Straßer

Freut sich auf den ersten Slalom: Linus Straßer.

Levi/München – Fünf Weltcupsiege, Medaillen bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen, Top Ten im Gesamtweltcup – und jetzt? Genau mit der Frage beschäftigte sich Linus Straßer am Ende des vergangenen Winters. „Die Jahresabläufe sind immer die gleichen. Ich habe gemerkt, dass ich davon im Kopf etwas müde war“, so der Ski-Rennfahrer. Es reifte die Erkenntnis: Es braucht nach über zehn Jahren im Weltcup einen neuen Reiz. Und den holte sich das Slalom-Ass durch einen waghalsigen Wechsel seines Ausrüsters (von Rossignol zu Head).

Straßer geht damit aufs Ganze – ausgerechnet in der Olympiasaison. Denn wie schnell er sich mit dem neuen Set-Up akklimatisieren wird, weiß niemand. „Ich habe jetzt fünf Weltcuprennen gewonnen. Ob es am Schluss sieben, acht, neun oder zehn werden, entscheidet nicht über meine Karriere. Deswegen gehe ich das Risiko ein, um das Letzte aus mir herauszukitzeln“, erklärt der mittlerweile 33-Jährige vor dem ersten Slalom dieses Winters am Sonntag im finnischen Levi.

Wie diffizil der Material-Neustart sein kann, musste vor einem Jahr sogar Ex-Dominator Marcel Hirscher bei seinem Comeback erfahren. Der Schuh und der Schnee-Zauberer, sie fanden einfach nicht zusammen. Und Hirscher, der während seiner „ersten“ Karriere nie schlimmer verletzt war und sich ein ums andere Mal spektakulär rettete, riss sich das Kreuzband – weil ihm plötzlich die Kontrolle im Kurs entglitt.

Während Otto-Normal-Latten-Fans schon mal mit einer Leihausrüstung auskommen, ist das Zusammenspiel von Ski, Schuh und Bindung bei den Profis unvorstellbar sensibel. Im vergangenen Winter wusste Straßer genau, wann sein System rund läuft und wann nicht. Bei welchen Verhältnissen er gewinnen kann und bei welchen nicht. Jetzt gilt es, das „Unterbewusstsein neu zu kalibrieren“.

Ob und wie schnell das funktioniert, ist die Krux. „Ich bin nicht so vermessen, zu sagen: ‚Ich gehe da hin und knall gleich richtig einen runter‘“, so der Ski-Löwe. Insgeheim hofft er aber natürlich auf eine schnelle Gewöhnung. Wohl wissend, dass sich die Probleme auch über die ganze Saison ziehen können. „Dann muss ich mir ständig die Frage gefallen lassen, ob das so schlau war“, so der Münchner. Aber: „Am Schluss ist es meine Karriere, meine Entscheidung, mein Erfolg und mein Misserfolg.“

Interessant: Es ist erst ein Jahr her, da verpokerte sich Straßer im Dezember 2025 komplett mit einer neuen Bindung. „Rückblickend war das total dumm“, sagt der zweifache Familienvater. Doch er kämpfte sich – auch mithilfe seines privaten Umfelds – aus diesem Tal und feierte letztlich im Februar in Saalbach mit Bronze die erste Einzel-Medaille bei einer Weltmeisterschaft.

Ein ähnliches Aha-Erlebnis will Straßer auch im Februar 2026 erleben – bei den Olympischen Spielen in Cortina d`Ampezzo. Dieses Highlight ist mit der Grund für den Ausrüster-Wechsel. Die Chance auf den großen Coup überwiegt bei ihm das Risiko. „Jeder will dort ganz vorne sein. Das sind große Tage und ich glaube, dafür braucht es auch große Entscheidungen“, sagt Straßer – seine Augen funkeln dabei. Und dann sagt er einen Satz, den auch sein Vorgänger Felix Neureuther nicht besser hinbekommen hätte. „Ich starte ins Ungewisse. Ich weiß nicht, wie ihr Außenstehenden das seht, aber ich denke mir schon: ‚Ich bin gespannt, was der Strasser so abliefert.‘“MATHIAS MÜLLER

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