Alles auf Angriff: Alexander Zverev. © IMAGO
Bologna – Als Deutschland das bislang letzte Mal den Davis Cup gewinnen konnte, war Alexander Zverev noch nicht geboren. Die glorreichen Zeiten der deutschen Tennisspieler in dem prestigeträchtigen Mannschafts-Wettbewerb kennt der Weltranglistendritte nur aus Erzählungen oder alten Videos. Jetzt ist er der große Hoffnungsträger, um bei der diesjährigen Endrunde in Bologna die titellose Zeit nach 32 Jahren zu beenden.
Boris Becker glaubt fest daran. Durch Zverevs Startzusage habe Deutschland „eine Bombenmannschaft“, sagte die Tennis-Ikone: „Das ist eine Riesenchance, die hässlichste Salatschüssel der Welt nach Deutschland zu holen.“ Er selbst konnte beim prestigeträchtigen Mannschafts-Wettbewerb Ende der 80er-Jahre zweimal triumphieren, 1993 führte dann Michael Stich beim Heimturnier in Düsseldorf das deutsche Team zum Sieg. Folgt jetzt Titel Nummer 4? Die Chancen dafür stehen gut.
Am Dienstag sagte auch Topstar Carlos Alcaraz seinen Start wegen Oberschenkelproblemen ab, der Weltranglistenerste wäre mit Spanien ein möglicher Halbfinal-Gegner der Deutschen gewesen. Zuvor hatte Titelverteidiger und Gastgeber Italien schon den Verlust von ATP-Champion Jannik Sinner und Top-Ten-Spieler Lorenzo Musetti, die aus Belastungsgründen nicht teilnehmen, verkraften müssen.
„Wir treten mit allem an, was wir haben und sind sicher eines der besseren Teams auf dem Papier“, sagte der deutsche Doppelspezialist Tim Pütz vor dem Viertelfinale an diesem Donnerstag (17.00 Uhr) gegen Argentinien: „Aber das bedeutet am Ende auch nichts, wir müssen eine gute Leistung abrufen.“
Helfen soll dabei Zverev. Der Hamburger gibt nach fast drei Jahren Pause sein Davis-Cup-Comeback und verlängert dafür seine von sportlichen und körperlichen Rückschlägen gezeichnete Saison, bevor es in den Urlaub auf die Malediven geht. „Ich spiele, weil die Jungs mich gebeten haben“, hatte der 28-Jährige kurz nach seinem enttäuschenden Vorrunden-Aus bei den ATP Finals in Turin gesagt. Das Team habe von der Altersstruktur her „nicht mehr viel Zeit“ für den Coup, meinte er: „Und dann habe ich halt gesagt: Okay, dann spiel‘ ich halt einmal.“
Zverevs Teamkollegen Jan-Lennard Struff (35), Yannick Hanfmann (34), Kevin Krawietz (33) und Pütz, der am Tag vor dem Viertelfinale seinen 38. Geburtstag feiert, seien zwar ganz offensichtlich „nicht mehr auf den ersten 100 Metern ihrer Karriere“, sagte Kapitän Michael Kohlmann. Doch an Erfahrung und Motivation mangele es nicht.
„Wir sind hier, um was zu reißen, um Erfolg zu haben“, sagte Kohlmann – und das sei der wichtigste gemeinsame Nenner mit dem Starspieler Zverev. „Das ist das, was wir als Team von ihm verlangen und er auch von uns verlangt: Dass wir hochprofessionell rangehen und nicht nur herkommen und ‚Hallo‘ sagen.“
Zverev geht als nominell bester Spieler des Turniers klar favorisiert in sein Duell. Es sei „ein riesiger Vorteil, einen Brecher wie ihn an Position eins aufstellen zu können“, sagte Kohlmann bei „web.de“. Und Struff tritt nach dem jüngsten Sieg beim Challenger-Turnier in Lyon mit frischem Selbstvertrauen an. DPA