Es ist spannend, wie schnell sich die öffentliche Wahrnehmung im Fußball zuweilen dreht. Nach dem mühsamen 2:0-Sieg der Nationalmannschaft gegen Luxemburg am Freitag war die Stimmungslage noch extrem negativ – und zwar zu Recht. Eine unterirdische Halbzeit gegen den 97. der Weltrangliste, der dem Führungstreffer teils näher stand als der große DFB, war besorgniserregend.
Diesen Eindruck konterte die Nationalelf am Montag mit der besten Halbzeit seit Langem. Beim 6:0 gegen die Slowakei spielte sich die Mannschaft von Julian Nagelsmann speziell in den ersten 45 Minuten regelrecht in einen Rausch, begeisterte dabei die Fans und sich selbst. Innerhalb von drei Tagen wandelte sich das öffentliche Stimmungsbild komplett: Aus dem Kandidaten fürs frühe Gruppen-Aus wurde wieder ein WM-Favorit – die Wahrheit liegt jedoch irgendwo dazwischen.
Denn dieses Länderspieljahr lässt sich auf verschiedenste Arten lesen: Einerseits ist man nun seit vier Spielen ohne Gegentor und hat die letzten fünf Partien in Folge gewonnen. Andererseits tat man sich in einer leichten Quali-Gruppe enorm schwer, offenbarte deutliche spielerische Mängel und war gegen die höherklassigen Teams (Frankreich, Portugal) chancenlos.
Genauso steht es um die Kaderzusammenstellung: Mit Leon Goretzka, Serge Gnabry oder Leroy Sané spielen dort die gleichen Namen, die seit 2018 für eine gescheiterte DFB-Generation stehen – auf der anderen Seite zählen Goretzka und Gnabry aktuell nun mal auch zur Stammelf des FC Bayern, der den besten Saisonstart Europas hingelegt hat.
Nick Woltemade ist ein Lichtblick, bei Florian Wirtz warten alle auf die Form-Explosion. Mit Jamal Musiala und Kai Havertz kommen außerdem zwei tragende Säulen zurück – die Offensive wirkt vielversprechend. Defensiv muss Nagelsmann dagegen das Rezept für Stabilität finden, die Torwartfrage rechtzeitig klären und eine Viererkette etablieren, die auch auf höchstem Niveau bestehen kann. In welche Richtung sich der DFB also entwickelt, hängt von vielen Faktoren ab. Das 6:0 gegen die Slowakei ist dabei sicher ein schönes Fundament, auf das im nächsten Jahr aufgebaut werden kann – mehr aber auch nicht.