ZUM TAGE

Ein Winter zur Bewährung

von Redaktion

Skispringer starten in die neue Saison

Die Bilder aus Oslo hatten eine gewisse Ironie. Bei der Auftaktpressekonferenz der norwegischen Skispringer ließ sich deren Sportdirektor Jan Erik Albu lächelnd mit einem Springeranzug ablichten. Zur Erinnerung: Albu ist genau der Mann, der bei der WM In Trondheim die Betrügereien seines Teams eingestand. Man habe ohne das Wissen der Athleten betrogen, hatte der 62-Jährige da erklärt. Die Konsequenzen waren, nun ja: überschaubar. An diesem Wochenende in Lillehammer ist Albu genauso wieder mit von der Partie wie Marius Lindvik und Johann Andre Forfang, an deren Anzügen seinerzeit die Manipulationen nachgewiesen worden waren.

Stattdessen justierte der Weltverband FIS an seinem Reglement nach. Das Material, mit dem die Springer über die Schanzen gehen, wird nun weit strenger kontrolliert. Wer zweimal die Regeln bricht, fliegt raus. Im jeweils nächsten Wettbewerb oder in besonders schweren Fällen auch für länger.

Ob das ausreicht, um das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen, das wird sich zeigen. Denn was da in Trondheim aufflog, das war viel mehr als die Materialtricksereien, die seit jeher im Kampf um Weitenmeter fast schon zum guten Ton gehören. Trondheim erlebte einen, mit bemerkenswerter Skrupellosigkeit ausgeführten Betrug.

Klar ist: Die Szene wird in den nächsten Wochen und Monaten unter Beobachtung stehen. Sie wird beweisen müssen, dass sie saubere und faire Wettbewerbe bieten kann, in denen am Ende tatsächlich der beste Springer und nicht der beste Betrüger gewinnt.

Andernfalls könnten auch einer Traditionssportart wie dem Skispringen empfindliche Konsequenzen drohen. Dabei geht es ums Geld. So wie in Norwegen, wo in der Konsequenz des WM-Skandals gleich mehrere Großsponsoren ihr Engagement überdachten. Es könnte aber auch um die Zukunft der gesamten Disziplin gehen. Es ist kein Geheimnis, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) ohnehin Sportarten, die (zu) wenigen Nationen vorbehalten sind, immer wieder auf den Prüfstand stellt. Eine Kultur des Betruges könnte da schnell ein willkommener Anlass sein. patrick.reichelt@ovb.net

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