„Ich schlage auf der Bahn zurück“

von Redaktion

Bob-Dominator Friedrich über das ewige Duell mit Lochner – und die Cortina-Eisrinne

„Er soll sich nicht zu sicher sein“, sagt Bob-Olympiasieger Francesco Friedrich (M.) über seinen Dauer-Rivalen Johannes Lochner (r.) – auch diese Saison steht ganz im Zeichen des Duells der beiden Top-Piloten. © Memmler/Imago

Cortina – Schon zwei Wochen sind die deutschen Bobfahrer auf der Olympiabahn in Cortina d‘Ampezzo unterwegs, an diesem Samstag (13 Uhr) steht im Zweierbob der erste Weltcup an. Alle Augen werden sich auch heuer auf das Duell der beiden deutschen Top-Piloten Francesco Friedrich und Johannes Lochner richten. Im Interview spricht Friedrich, der seinen Gesamt-Weltcup der vergangenen Saison aufgrund eines Dopingfalls in seinem Team nachträglich an Lochner abtreten musste, über die Olympia-Saison.

Herr Friedrich, nach einem langen Sommer zunächst die wichtigste Frage: Wie geht‘s?

(grinst) Gut! Die ersten Tests liefen vielversprechend, die Bahn in Cortina haben wir kennengelernt.

Was sind Ihre Erkenntnisse auf der Olympiabahn?

Ich hatte schon im Frühjahr Erkenntnisse, man trägt alles zusammen. Und wir haben uns da Schritt für Schritt herangetastet. Es gibt ein paar Schwerpunkte, die müssen genau passen. Es gibt nur eine ‚Sturzpassage‘ in der 9, 10 und 11 – der Rest ist machbar. Der Anschub erinnert mich an Peking, wobei mir die Bahn in Cortina besser gefällt.

Die Bahn gilt als nicht superschwer – es wird also um Exaktheit gehen.

Das hat es in Pyeongchang auch geheißen, dass die Bahn nicht so schwer ist. Trotzdem hat jede Bahn ihre Feinheiten. Wenn man es oben versemmelt, in der einzigen Passage, die ein bisschen schwieriger ist, nützt es dir auch nichts, wenn der Rest der Bahn nicht so schwer ist. Es wird auf jedes Detail ankommen. Den Start, jede Kurve, das Material.

Material ist ein gutes Stichwort. Gibt es noch viel zu tüfteln?

Wir sind gut aufgestellt. Die Basis, mit der wir starten, ist besser als in der Vorsaison. Die FES hat gute Arbeit geleistet, wir haben die Bobs in den letzten Jahren gut entwickelt. Die Früchte ernten wir jetzt. Bewusst haben wir in den vergangenen Wintern so viel wie möglich zurückgehalten. Jetzt können wir umso zuversichtlicher in die Saison gehen. Die Schlitten haben eine leicht veränderte Form, um aerodynamischer zu sein. Auch mit meinem Kufenbauer habe ich neue Dinge ausprobiert – die meisten Dinge sind gut geworden. Genauso wichtig aber waren auch die Tests mit den Kufenpaaren, die absolut nicht tauglich waren. Das hilft einem enorm weiter – denn dann weiß man, dass man in diese Richtung erstmal nicht arbeiten muss.

Trotzdem steht das Setting erst kurz vor den Spielen, oder?

Natürlich. Denn es war vor den letzten Spielen immer so, dass sich die Olympia-Bahn im Vergleich zum Zustand bei den ersten Trainingsfahrten enorm verändert hat. Meist war sie noch runder, mit noch weniger Eis, schneller und schwieriger zu fahren. Darauf müssen wir uns auch in Cortina einstellen. Wir kennen jetzt die Bahn – aber müssen sie uns im Februar trotzdem nochmal erarbeiten.

Wollen Sie bei der Generalprobe trotzdem auch gleich ein Zeichen in Richtung Ihres Konkurrenten Johannes Lochner senden?

Ach, diese ganzen Kampfansagen vom Hansi nehme ich gelassen zur Kenntnis. Ich bleibe da verbal gelassen – und schlage lieber auf der Bahn zurück.

Er geht als Gesamtweltcupsieger in die Saison, weil Sie Ihren Titel wegen des Dopingvergehens Ihres Anschiebers Simon Wulff abgeben mussten. Wie sehr hat Sie der Fall mitgenommen?

Wir wussten ja schon ein ganzes Stück vorher, dass uns das blühen wird. Als es im September rauskam, waren wir schon drei, vier Monate darauf vorbereitet. Es hat uns getroffen – aber es war wiederum auch fair. Auch wenn Johannes sich fragt, warum uns der Titel nicht auch im Vierer aberkannt wurde.

Was entgegnen Sie?

Es hat damals nach dem Test in Altenberg ewig gedauert, bis die Ergebnisse da waren. Hätten wir die Ergebnisse früher gehabt, wäre Simon im Vierer in Winterberg auch gar nicht mehr gefahren. Außerdem ist es auch nicht so, als hätten wir das besagte Rennen im Vierer mit Abstand gewonnen. Wir wurden im Zweier bestraft, diese Entscheidung finde ich vernünftig und fair.

Stachelt es Sie an, als Zweiter in die Saison zu gehen?

Normal war ich der Gejagte, das stimmt schon. Aber wir haben die WM gewonnen – und das ist für uns das Entscheidende. Ich hab gefühlt schon tausend von diesen goldenen Kugeln zuhause stehen, da soll der Hansi die eine doch haben. Ich will dafür sorgen, dass es seine letzte ist (lacht).

Er schielt auch auf die goldene Olympia-Medaille.

Da darf er gerne schielen. Ich habe sie fest im Visier. So sicher, wie er sich überall präsentiert, sollte er sich nicht sein.

Und dann, nach ihren fünften Olympischen Spielen, ist Schluss?

Eine Olympia-Saison ist immer „all in“. Alles, auch die Sponsorenverträge, sind ausgerichtet bis 22. Februar – es gibt noch keine Überlegungen für danach. Sicher ist nur, dass meine Familie ein Wörtchen mitreden will.

INTERVIEW: HANNA RAIF

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