Neue deutsche Doppelspitze: Felix Hoffmann (li.) und Philipp Raimund © IMAGO/Geir Olsen
Falun – Philipp Raimund brauchte eine ganze Weile, um zu erfassen, was für ein Kunststück er da in den Schnee von Falun gezaubert hatte.. „Megageil. Es hat sich gar nicht so weit angefühlt“, krähte er nach seinem zweiten Flug im Wettbewerb von der Normalschanze. 99,5 Meter weit war er geflogen, weiter als Severin Freund bei seinem Schanzenrekord aus der WM an gleicher Stelle. Und nicht nur Raimund war in Hochstimmung, auch Felix Hoffmann strahlte über Platz acht.
Und langsam aber sicher verfestigt sich der Eindruck, dass tatsächlich ein neues Spitzenduo die deutschen Skispringer in den Olympiawinter führt. Für den gerade entthronten Schanzenrekord-Halter Freund ist das allerdings keine wirkliche Überraschung: „Es hat sich über den Sommer schon angedeutet.“
Für Freund ist das vor allem in Hoffmanns Fall auch ein Produkt der Regeländerungen im Verlauf der letzten Monate. In Konsequenz des Materialskandals aus der WM in Trondheim hatte der Weltverband FIS bekanntlich vor allem die Springeranzüge neu reglementiert. Die Textilien, mit denen die Springer dieser Tage in Nordeuropa über die Schanzen gehen, sind nun vor allem bedeutend enger. Das hat Folgen in einer Sportart, in der kleine Veränderungen seit jeher ja so große Wirkungen haben.
Die aktuelle lässt sich in etwa so verstehen: Wer sich wie bisher nach dem Schanzentisch explosiv in die Flugposition stürzt, dem kommt nun mangels Tragfläche das wichtige Luftpolster abhanden. Gefragt sind der Absprung und ein „sensibler, technisch sauberer Übergang in den Flug“, wie Freund sagt. Was so gesehen ziemlich genau die bekannten Qualitäten von Felix Hoffmann sind – der Thüringer gehört zu den Athleten, dem die Veränderungen in die Karten spielten. Gut für Sommer-Grand-Prix-Sieger Philipp Raimund, der sich den Druck des Frontfliegers mit Hoffmann teilen kann.. Severin Freund ist das nur Recht: „Das ist immer gut.“
Erst Recht in einer Zeit, in der die bewährten Kräfte wie Andi Wellinger oder Karl Geiger um den Anschluss kämpfen. Beide fanden sich in Lillehammer wie in Falun im Niemandsland der Weltcups wieder. „Bei Andi habe ich im Somer zwischenzeitlich gedacht, dass es reichen könnte, aber im Moment fehlt es doch weit“, erklärte Freund, „da hilft jetzt nur Geduld und harte Arbeit in die Saison hinein.“
Immerhin: Es gibt sie ja, die kleinen Hoffnungsschimmer. Pius Paschkes Auftritt am Mittwoch auf der Großschanze in Falun etwa, wo der filigrane Flieger aus Kiefersfelden als 14. immerhin mal wieder in die Punkteränge segelte und entsprechend breit in die Kameras lächelte. „Es geht in die richtige Richtung“.
Und die Tendenz wird weitergehen. Auch bei den derzeitigen Sorgenkindern Wellinger und Geiger, davon ist auch Severin Freund überzeugt. Vielleicht schon zur Tournee, spätestens aber in Richtung Olympia. „Mindestens einer wird sich nach vorne arbeiten“, sagt ´der Mann, der mittlerweile unweit von Landshut zu Hause ist. Dorthin eben, wo Philipp Raimund und Felix Hoffmann derzeit schon sind. Und wo das vergleichsweise junge Topduo (25 bzw. 28 Jahre) auch bleiben kann, wie Freund ahnt: „Ich traue es beiden zu“.PATRICK REICHELT