Trainer-Intermezzo in Ulm: Paula vor 16 Jahren. © imago
Im Gleichschritt: Manfred Paula (l.) und Markus Kauczinski. Beide kennen sich seit Jahren, folgerichtig war Kauczinski Paulas erster „Transfer“ als 1860-Boss. © IMAGO
München – Ein zusätzliches Heimspiel – wer träumt im Fußball nicht davon? Zumindest für einen Vertreter der Löwen erfüllt sich dieser Wunsch am Samstag in Ulm. „Ab Haustür sind es für mich exakt 51 Minuten bis zum Donaustadion“, sagt der Aindlinger Manfred Paula. Fast die gleiche Distanz wie zur Grünwalder Straße, wo er seit sechs Jahren arbeitet.
Paula kennt die Strecke nach Ulm noch von einem Kurzzeittrainerjob vor 16 Jahren. Der Spätsommer 2009 markierte für den heute 61-Jährigen den Beginn seines Wegs von der Trainer- in die Funktionärswelt. Nun gab er – erstmals seit seinem Aufstieg vom NLZ-Chef zum Geschäftsführer – Auskunft über bisherige Stationen und seine Sicht auf die Löwen.
Paula privat – Ex-Biathlet und Langlauftalent
„Zwei Jahre hatte ich mich bei der Bundeswehr in Mittenwald verpflichtet, als Gebirgsjäger. Da habe ich Biathlon angefangen. Ich war ein talentierter Läufer, aber ein weniger talentierter Schütze. In die deutsche Spitze habe ich es nicht geschafft. Fritz Fischer und Peter Angerer (Olympiasieger 1984/Red.) kenne ich aus dieser Zeit. Das waren recht frustrierende Treffen in der Loipe.“
Paula als Trainer – Opfer des Ulmer Wettskandals 2009
Sein Intermezzo in Ulm, damals Regionalliga Süd, dauerte von Juli bis Oktober 2009: „Es war eine kürzere Episode.“ Erst später erfuhr Paula, was im Hintergrund ablief: „Ziemlich genau einen Monat danach bekam ich einen Anruf von NTV – ob ich Stellung nehmen kann zu Vorwürfen der Wettmanipulation. Da fällt es dir wie Schuppen von den Augen…“
Das brisante Spiel in Reutlingen sei manipuliert gewesen (nach dem 4:1-Auftakt gegen Alzenau): „Wir waren 1:0 vorne, dann schnell 1:2 hinten. Drei Spieler haben sich an dieser Manipulation beteiligt.“ Danach stellte sich für ihn eine Grundsatzfrage: „Ist das die Zukunft für dich und deine Familie?‘ Das war dann der Punkt, wo ich gesagt habe, ich gehe lieber in die Management-Schiene.“
NLZ-Leiter Paula – Verantwortung und Verluste
Über aktuelle Durchstarter Sean Dulic und Clemens Lippmann sagt Paula: „Beide haben eine tolle Entwicklung genommen. Das sollte auch normal sein für einen Ausbildungsverein. Das NLZ wird immer ein elementares Standbein für uns bleiben.“ Bei Ex-Talenten wie Marius Wörl (Bielefeld) oder Tim Kloss (Köln) klingt Bedauern durch: „Es gibt eine ganze Reihe von ehemaligen Spielern, wo ich mir denke: Wenn der bei uns wäre… Ich will jetzt aber nicht zu sehr in der Vergangenheit kramen.“ Man müsse in Zukunft „mehr von der Nachwuchsarbeit profitieren“.
Zum e.V.-Defizit stellt er klar: „Die Ursache liegt nicht in einer unkontrollierten Kostenentwicklung im NLZ, sondern dass bei der Budgetplanung die Einnahmenseite nicht richtig kalkuliert wurde.“
KGaA-Boss Paula – Doppelrolle, Finanzlage, Trainerwahl
Über den internen Austausch zwischen dem NLZ-Chef Paula und dem Geschäftsführer Paula sagt er: „Grundsätzlich kommen die beiden gut miteinander aus (lacht).“ Auch wirtschaftlich sei nach einer weiteren Ismaik-Bürgschaft alles stabil. „Die Unterlagen für die Lizenzierung wurden alle fristgerecht beim DFB eingereicht, also sind wir im grünen Bereich.“
Sein Führungsstil: „Lieber eine Entscheidung treffen, die sich im Nachhinein als falsch herausstellt, als keine Entscheidung zu treffen.“ Die Entscheidung für Kauczinski, seinen ersten Transfer, begründet er so: „Ich kenne ihn seit 2018, wollte ihn damals schon als Trainer für den 1. FC Kaiserslautern verpflichten. Ich weiß, wie er arbeitet. Ich bin überzeugt, dass wir mit Markus einen sehr guten Mann an Bord haben.“
Kaderplaner Paula – Denkt er an einen Wintertransfer?
Bei den verletzten Schlüsselspielern Jesper Verlaat und Tunay Deniz, deren Verträge auslaufen, macht Paula die Bedeutung deutlich. „Beide sind sehr wichtige Spieler. Von ihrer sportlichen Qualität und der Führungsqualität her sind es definitiv zwei Namen, mit denen wir uns zeitnah beschäftigen wollen.“ Falls im Winter nachgesteuert werden muss, ist das Profil klar umrissen: „Irgendwie muss man Tunay Deniz natürlich ausgleichen. Er ist ein sehr flexibler und kreativer Spieler, der uns fehlt.“
Realist mit Resthoffnung
Paula über seine sportlichen Ambitionen: „Ich habe natürlich meine Träume, aber ich werde sie hier nicht kundtun (lächelt). Man darf die Hoffnung nicht aufgeben und kann mit einer Serie schnell in der Tabelle klettern. Man muss aber auch realistisch bleiben: Wir müssen erst einmal eine konsolidierte Saison hinkriegen.“
Das kurzfristige Ziel bis Weihnachten steht für ihn: „Es sind noch vier Spiele, in denen wir möglichst viele Punkte einsammeln wollen.“ Im Idealfall fängt 1860 am Samstag in Ulm damit an – in Paulas früherem Wohnzimmer.ULI KELLNER