1060 km durch ganz Deutschland

von Redaktion

Staffelübergabe: Tagsüber wechselte das Team alle fünf Kilometer durch – in der Nacht lief jeder längere Intervalle.

München – Wie lange braucht man, um durch ganz Deutschland zu laufen? Lukas Müller (23) hat darauf eine Antwort: 93 Stunden, 23 Minuten und 39 Sekunden. Gemeinsam mit fünf Freunden ist der Fitness-Influencer von Flensburg bis an den Tegernsee (1060 km und 3300 hm) gerannt. „Ich wollte immer wissen, wie es sich anfühlt, Deutschland wirklich zu spüren. Nicht als Landkarte, sondern Meter für Meter“, so Müller.

Das Team für „Run Across the Country“ wurde von Red Bull unterstützt und bestand aus sechs ambitionierten Ultra-Läufern und Trailrun-Halbprofis – vor allem aber aus Müllers Freunden, darunter Wings-for-Life-Germany-2024-Gewinner Max Rahm (28). Mehrere Personen liefen abwechselnd eine Teil-Strecke. „Tagsüber haben wir alle fünf Kilometer gewechselt. In der Nacht sind wir in Dreierteams über längere Zeit Zehn-Kilometer-Intervalle gelaufen, damit die jeweils anderen schlafen konnten“, erzählt Rahm. „Jeder musste insgesamt etwa 30 Mal laufen und hatte am Ende rund 180 Kilometer in den Beinen.“

Für Rahm, der normalerweise bei Ultratrail Events startet, war der Lauf durch Deutschland „mal komplett was anderes“. Zwar sei er bei Rennen wie dem Zugspitz Ultratrail über 86 Kilometer und 4000 Höhenmeter physiologisch stärker belastet, doch die Kälte und die vielen Unterbrechungen hätten ihm und dem gesamten Team spürbar zugesetzt.

„Das Schwierigste waren die Nächte. Durch den Schlafentzug war man beim Laufen immer kurz vor dem Sekundenschlaf. Die Reaktionsfähigkeit war total vermindert“, erzählt Rahm rückblickend. Das sah auch Müller so: „Mir fiel es schwer, mich nach dem Aufstehen zum Laufen zu zwingen. Der Körper war noch komplett heruntergefahren.“

Wie lange die 1100 Kilometer wirklich sind, habe man unterschätzt, so Müller. „Insbesondere die Strecke durch Mitteldeutschland hat sich ewig angefühlt. Wie ein Fiebertraum, wie eine Trance.“ Der Rhythmus aus Laufen, Essen und Schlummern bestimmt das Abenteuer.

„Du warst so im Flow, dass du einfach wusstest: Du läufst fünf Kilometer, du kommst zurück, wechselst kurz deine Klamotten, fährst den Van, isst etwas, dann läufst du wieder fünf Kilometer. Über vier Tage war das unser Lifestyle“, ergänzt Rahm.

Bei den Kilometer-Splits unterscheiden sich die Jungs. Während Rahm gesamt unter vier Minuten pro km bleibt, liegt der Gesamtschnitt bei leicht über fünf min/km. Irgendwann sieht das Team dann tatsächlich das Ziel: den Tegernsee. „Das war ein Magic Moment: Sonnenaufgang und es hat geschneit. Das gab nochmal Energie.“ So richtig feiern kann Müller aber nicht, als er durch den Torbogen am Tegernsee läuft. „Ich war mental und emotional komplett fertig, komplett ausgelaugt.“ Wie es sich anfühlt, Deutschland Meter für Meter zu spüren: „Endlos.“LENNARD KAUSEMANN

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