Ein Sechser, der auch Mittelstürmer kann: 1860-Talent und Drittliga-Debütant Samuel Althaus. © IMAGO
So sieht man sie jetzt wieder häufiger: Jubelnde 1860-Profis, hier nach Marvin Rittmüllers Treffer zum 3:1-Endstand gegen Schweinfurt. © IMAGO
München – Zwischen „Hilfe, wir steigen ab!“ und „Her mit dem Brasilianer!“ lagen bei 1860 wieder einmal nur wenige Wochen. Nach dem 0:4 in Regensburg am 9. November schien aus Fan-Sicht klar: Wer beim Krisen-Jahn so untergeht, der steuert schnurstracks auf ein zweites 2017 zu. Vier Wochen später, nach dem 3:1 gegen Schweinfurt, stellt sich die Lage komplett anders dar: dritter Sieg in Serie, fünf Plätze in der Tabelle gutgemacht – plötzlich erscheint es nicht mehr verwegen, sich das ursprüngliche Saisonziel in Erinnerung zu rufen. Siemen Voet, linkes Glied der neuen Dreierkette, sagte am Samstag: „Vorsichtig können wir ein bisschen gucken, aber noch nicht zu viel…“
Natürlich nicht, denn 21 Spiele stehen noch aus in dieser unberechenbaren Liga. Aber seit dem Debakel von Regensburg hat sich etwas zum Positiven verändert. Während der Jahn weiter auf Position 16 klebt, haben sich die Löwen in die bessere Tabellenhälfte verabschiedet: Platz 9. Und am Samstag geht es zum Tabellen-13. FC Ingolstadt, der am 9. November noch zwischen Regensburg und 1860 gelegen hatte.
Was ist passiert seit der „Stunde Null“ am 9. November? Markus Kauczinski verzichtete bewusst auf die Peitsche und setzte in der Länderspielpause auf inhaltliche Aufarbeitung – offenbar goldrichtig. Geschärfte Sinne und zwei personelle Änderungen (Maier und Hobsch rein) reichten, um die Verunsicherung abzuschütteln. Plötzlich sind Geschlossenheit und Leidenschaft auch für Außenstehende sichtbar. Bestes Beispiel am Samstag: die Grätsche von Kevin Volland an der eigenen Eckfahne – kurz vor Schluss, in einer Phase, in der Spielmacher sonst oft schon ausgewechselt ist. So geht 3. Liga! Das Publikum jubelte.
Der Trend ist unübersehbar: Saarbrücken (2:0), Ulm (1:0) und Schweinfurt (3:1) – keine fußballerischen Sternstunden, aber tabellarische Meilensteine. Durch ihren Zwischensprint haben sich die Löwen eine Ausgangslage erarbeitet, die noch vor Kurzem unerreichbar schien. 27 Punkte aus 17 Spielen sind solide – mehr als in den meisten Drittligajahren. 33 können es noch werden, wenn die Siegesserie auch in Ingolstadt (Samstag, 14 Uhr) und vier Tage vor Weihnachten gegen Verl anhält. Mehr gab es selbst in den besten Köllner-Halbserien nicht (20/21 und 22/23).
Und was sagt Markus Kauczinski selbst dazu? Er freut sich über seinen Punkteschnitt (2,14), hält verbal den Ball aber flach – was jeder Trainer in seiner Situation tun würde. Ob 1860 schon wieder ein Aufstiegskandidat sei, wollte der Reporter von MagentaSport wissen. „Das ist Quatsch“, wiegelte der Glöckner-Nachfolger ab: „Da braucht man jetzt nicht hingucken. Wir sind noch in der Hinrunde. Ich bin froh, dass wir stabil sind und die Mannschaft so Gas gibt.“ Und trotzdem: Selten bei 1860, dass ein Trainerwechsel so schnell Früchte trägt. Kauczinskis Bilanz seit Amtsantritt: fünf Siege, zwei Niederlagen. Nur Spitzenreiter Cottbus hat im Vergleichszeitraum (11. bis 17. Spieltag) ebenfalls 15 Punkte geholt.
Auch Siemen Voet, der ja schon vorsichtig nach oben schielt, ordnet das Vorweihnachtshoch erfrischend realistisch ein. „Unsere Leistung ist noch nicht top“, sagte der Champions-League-erprobte Belgien: „Wir müssen uns weiter verbessern.“ Kauczinski würde nicht widersprechen – und auch Sportchef Manfred Paula kann sich noch Zeit lassen mit dem brasilianischen Markt.ULI KELLNER