Sucht noch ihre Form: Julia Taubitz. © Kristen/Imago
München – Immerhin: Julia Taubitz hat Park City mit einem Lächeln verlassen – und das ist nach dem verkorksten ersten Lauf am zweiten Weltcup-Wochenende der Rodler schon eine Menge wert. Auf Rang 15 lag die Weltmeisterin zur Halbzeit, aber weil der zweite Durchgang so gut gelang, wächst in der Gesamtweltcup-Siegerin des Vorjahres so langsam die Zuversicht, dass sie sich auf dem richtigen Weg befindet. Er hat sich „gut angefühlt“, sagte Taubitz, die von Platz 15 immerhin noch auf Rang acht vor raste. Die zweitbeste Laufzeit macht Mut. Und den braucht Taubitz, die eigentlich in dieser Saison so Großes vorhat.
Es läuft bisher nicht rund, das ist auch der 29-Jährigen bewusst. Sie ging als Gejagte in die Saison und fährt bisher nur hinterher. Nach Platz zwölf in Winterberg reichte es in Park City nun zu Platz acht – auf die dritte Station in Lake Placid, sagt Taubitz, freue „ich mich jetzt sehr“. Wie Bundestrainer Patric Leitner hofft sie, dass der Knoten nun geplatzt ist in diesem Winter, auf dessen Highlight sie seit vier Jahren hinfiebert. Wie alle anderen. Nur noch ein bisschen mehr.
Die Szenen aus Peking hat im Rodel-Zirkus noch jeder im Kopf. Taubitz stürzte bei den Olympischen Spielen 2022 auf Goldkurs liegend schwer, der Traum war geplatzt, die Tränen kullerten. Und es hat gedauert, ehe sie diese schmerzhaften Momente verarbeitet hat. Heute, sagt sie gegenüber unserer Zeitung, ist ihr bewusst, dass das Erlebte sie „sportlich und persönlich“ enorm hat „wachsen lassen“. Und „so schlimm es damals war. In den letzten vier Jahren habe ich verstanden, dass man nur aus Rückschlägen lernt und sich weiterentwickelt.“ Geholfen hat ihr dabei ein Mentaltrainer. Er ist für Taubitz in Momenten des Zweifelns da, aber auch im Alltag.
„Ich finde es total faszinierend, was es alles für Möglichkeiten gibt. Es hat mir extrem geholfen – und ich blicke heute fast dankbar auf die Erfahrung in Peking zurück“, sagt sie. Die Meinung einer „Person im Abseits“ sei oft Gold Wert, „auch die richtigen Techniken, um auf Topniveau zu kommen, nehme ich gerne an“. Zwar nehme sie „den Druck von außen nicht mehr so sehr wahr“. Aber die ehrgeizige Sächsin setzt eigene Maßstäbe: „Die Messlatte an mich selbst liegt hoch.“
Derzeit ist Taubitz daher nicht zufrieden. Im deutschen Team spielt bisher Merle Fräbel die wichtigste Rolle, das soll sich in Lake Placid ändern. Denn ein Erfolgserlebnis unter dem Weihnachtsbaum wäre schon wichtig, um mit besserem Gefühl in dieses so wichtige Jahr 2026 zu starten. Die Olympiabahn in Cortina d‘Ampezzo liegt Taubitz. Zwar musste sie bei der Generalprobe im Testevent Fräbel den Vortritt lassen, sagt aber über den neu gebauten Kurs: „Sehr schön, rund, gefühlvoll. Mir macht die Bahn Spaß.“ Das sind schon mal gute Voraussetzungen für den großen Coup, auf den Taubitz hinarbeitet.
Sie sagt ganz offen: „Gold ist mein Ziel.“ Es wäre aber sowieso das Ergebnis „von vier wunderschönen Läufen“. Kommt sie viermal ohne Fehler durch, ist Taubitz in vier Durchgängen kaum zu schlagen. Aber bis dahin wartet eben doch noch mehr Arbeit als zum Saisonstart erwartet. Vielleicht ist das Mindset, mit dem Taubitz in den Winter gegangen ist, dabei gar nicht schlecht: „Man muss einige Weltcups als Test sehen.“ So lässt sich auch das Lächeln erklären, das diese verflixte Bahn in Park City zum Abschluss von Taubitz gesehen hat.HANNA RAIF