Knoten geplatzt?

von Redaktion

Medaillentraum statt Karriere-Aus: Biathletin Anna Weidel nimmt Fahrt auf

Lässt sich nicht unterkriegen: Weidel beim Traillauf.

Andreas Birnbacher, Trainer und Ex-Athlet. © Deubert/Imago

Am Schießstand klappt‘s meist ganz gut, in der Loipe fehlen noch ein paar Prozent bis nach ganz vorne. © Ettensberger/Imago, Instagram/Weidel

Annecy-Le Grand Bornand – Anna Weidel lässt sich nicht unterkriegen. Als großes Talent startete sie ihre Biathlon-Karriere, die bisher von vielen Fahrstuhlfahrten zwischen Weltcup und IBU-Cup geprägt war. Häufig stellte sich die 29-Jährige die Frage, ob es noch Sinn mache, weiterzumachen – auch in diesem Sommer, in dem Weidel sich wieder dem ihr vertrauten Trainer Andreas Birnbacher (44) anschloss. „Immer wieder in Nebensätzen“ machten sich laut Birnbacher ihre Zweifel bemerkbar.

„Wenn jetzt nicht Olympia anstehen würde, hätte ich aufgehört“, sagte Weidel im Oktober nach ihrem starken vierten Platz im Finale beim Loop One in München. In Hochfilzen lief sie zuletzt im Sprint als Achte eines ihrer besten Karriere-Ergebnisse ein und bestätigte ihre Form im Verfolger als Zehnte. Und das, obwohl die 29-Jährige aus einem „schwierigen Jahr mit vielen Krankheiten“ kam.

Aber die Kiefersfeldenerin hat sich seit ihrem Weltcup-Debüt 2018 schon aus mehreren Rückschlägen zurückgekämpft, der „Durchbruch“ sei ihr laut Birnbacher aber nie gelungen. „Ein gewisser Karriereknick ist gekommen. Dann wirst du von Jüngeren überholt und dann entwickelt sich ein mentaler Strudel, aus dem man schwer wieder herauskommt“, beschreibt der 44-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung. Er versuchte, seine eigenen Erfahrungen weiterzugeben, wie sie zu neuer Selbstsicherheit findet.

Beispielsweise musste Weidel ihr Olympia-Drama von 2022 verarbeiten. Dabei ging es gar nicht darum, dass sie ohne Einsatz geblieben war – vielmehr durchlebte sie im Vorfeld und im Nachgang eine schlimme Zeit mit vielen Tränen. Denn die damals 25-Jährige wurde nach ihrer Nominierung auf Internetplattformen hart angefeindet.

Hintergrund: Sie hatte nur die halbe Olympia-Norm erreicht, trotzdem nominierte der Deutsche Olympische Sportbund Weidel und nicht die damals formstarke Franziska Hildebrand. Sie beschrieb später, wie sehr sie unter den Hassnachrichten litt – sie habe „viel geweint“.

Nun, knapp vier Jahre später, tut Weidel wieder alles dafür, dass ihr Olympia-Traum in Erfüllung geht. „Das ist das einzige Ziel, das wichtig für sie ist“, sagt Birnbacher, „man beendet seine Karriere nicht gerne im IBU-Cup“. Sie sei allerdings aktuell noch stark von ihrer Schießleistung abhängig, läuferisch wäre noch Potenzial vorhanden. Nach Weihnachten ist noch einmal ein Trainingsfenster geplant, in dem sie „noch ein bisschen was rauskitzeln“ wollen. Denn: „Aus meiner Sicht dürfte das noch nicht das Ende der Fahnenstange sein“, sagt Birnbacher und bezieht sich auf Weidels Leistungen aus dem Sommer.

Für ihn war die Herausforderung, „seine Trainerphilosophie zu vermitteln und gleichzeitig auch auf Annas Erfahrungen einzugehen“, sagt der Ex-Biathlet, mit dem Weidel während der Saison fast täglich im Austausch ist. Auch wenn eigentlich Kristian Mehringer, der gut mit Birnbacher befreundet ist, und Sverre Olsbu Roiseland das Weltcup-Team betreuen.

Die Olympia-Norm hat Weidel (wie auch Vanessa Voigt) bereits erfüllt, in Le Grand Bornand wollen die wieder genese Gesamtweltcupsiegerin Franziska Preuß, Julia Tannheimer und Co. nachziehen. Am liebsten gleich im Sprint am Donnerstag (14.15 Uhr/ZDF).ALEXANDER VORMSTEIN

Artikel 1 von 11