Hamburg – Kurz nach dem Silber-Coup von Deutschlands Handballerinnen verspürt Antje Döll schon wieder Lust. „Normalerweise ist es so, dass man nach so einem Turnier leer und kaputt ist und erstmal ein bisschen die Schnauze voll hat vom Handball“, sagte die Nationalmannschaftskapitänin, „aber diesmal freue ich mich. Das gibt einen richtigen Schub.“
Exakt eine Woche nach dem WM-Rausch startet die Vize-Weltmeisterinnenliga am Sonntag (14.30 Uhr/DF1) mit der Partie des TuS Metzingen gegen den VfL Oldenburg. Döll, die mit Neckarsulm noch ein paar Tage länger frei hat, wird zwar nur zuschauen. Mit dabei in der Paul-Horn-Arena in Tübingen sind mit Jenny Behrend und Marie Steffen aber immerhin zwei deutsche Nationalspielerinnen.
Begleitet wird der Restart von der Hoffnung auf einen veritablen WM-Hype. Mehr Zuschauer, mehr Sichtbarkeit, mehr Sponsoren, mehr Geld: So lautet die einfache Formel der Macher. Nach den Negativ-Schlagzeilen der Insolvenz vom Meister HB Ludwigsburg im Sommer kann die Liga das positive Narrativ, das vom Weihnachtsmärchen der DHB-Frauen um Döll und der ersten Medaille seit 18 Jahren ausgeht, ziemlich gut gebrauchen.
„Ich bin relativ optimistisch, dass wir etwas vom WM-Hype mitnehmen können“, sagte Andreas Thiel, Präsident der Handball-Bundesliga Frauen (HBF), dem Spiegel. Ähnlich sieht es Andreas Lampe, Manager in Oldenburg und HBF-Vorstand: „Wir werden positive Resonanz haben, egal wo, ob nun in der Jugend, in der ersten oder in der zweiten Liga.“
Diese Resonanz, so sie sich denn wie erhofft einstellt, gilt es zu konservieren – und wirtschaftlich zu nutzen. Noch immer können die wenigsten Spielerinnen ihren Lebensunterhalt allein mit dem Handball bestreiten. Die Oldenburgerin Behrend, die nach der Ludwigsburg-Pleite im Sommer wie Döll und viele andere kurz vor der Saison plötzlich ohne Klub dagestanden hatte, stockt ihr Gehalt beispielsweise mit einem Minijob auf.
Einer, der den ganzen Höhenflugsszenarien noch nicht recht traut, ist Peter Prior. Der Manager des Buxtehuder SV begleitet den Handball in der Kleinstadt vor den Toren Hamburgs seit 50 Jahren. „Ob das WM-Silber jetzt Effekte zeitigt, werden wir sehen“, sagte Prior dem Spiegel und erinnert an das Wunder von Oslo, das WM-Gold von 1993: „Ich weiß noch, wie wir damals alle hofften, dass es einen Boom gibt.“ Der große Aufschwung blieb aus.