Da hört der Spaß auf. Fernsehmoderator Jan Böhmermann droht laut „Tagesspiegel“ Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einer Klage. Hintergrund ist ihr Verhalten während der Affäre um das „Schmähgedicht“ über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Frühjahr vergangenen Jahres. Der Anwalt des Satirikers halte ihre Einschätzung, Böhmermanns Werk sei „bewusst verletzend“ gewesen, für rechtswidrig, berichtet das Blatt. Böhmermann wolle die Bundeskanzlerin verklagen, falls sie ihre öffentliche Bewertung nicht zurücknehme. Der Berliner Rechtsanwalt Christian Schertz, der Böhmermann vertritt, teilte dazu lediglich mit, dass man sich „nicht zu einer laufenden Rechtsangelegenheit äußern“ wolle.
Böhmermann hatte das mit Beleidigungen gespickte Gedicht am 31. März 2016 in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ vorgetragen, sich aber zugleich ausdrücklich von dem Text distanziert, mit dem er veranschaulichen wolle, wann in Deutschland Spott die Grenze der Satirefreiheit überschreite und strafbar sein könne. Das ZDF entfernte den Beitrag aus seiner Mediathek mit der Begründung, er entspreche „nicht den Ansprüchen, die das ZDF an die Qualität von Satiresendungen stellt“. Das Landgericht Mainz leitete auf Antrag Erdogans ein Strafverfahren gegen den 36-Jährigen ein, das jedoch bald wieder eingestellt wurde – mit der Begründung, strafbare Handlungen Böhmermanns und seines Teams könnten nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden.
Dem „Tagesspiegel“ zufolge wirft Schertz Merkel in einem Schreiben an das Kanzleramt, das der Zeitung vorliegt, vor, sie habe mit ihrer Kritik eine „juristische Bewertung des Werkes seines Mandanten vorgenommen, die einer Vorverurteilung gleichkommt“. Dieses Verhalten sei rechtswidrig gewesen, weil Merkel für eine solche Einordnung nicht zuständig gewesen sei. Nach Einschätzung des Anwalts habe sie den Grundsatz der Gewaltenteilung verletzt. Er fordere binnen einer Woche eine Erklärung, wonach Merkel ihre Einschätzung in der Rückschau als rechtswidrig einstufen solle. Sonst werde er seinem Mandanten zur Klage raten. Merkel habe ihre Bewertung außerdem „ohne Kenntnis des vollständigen Sachverhalts vorgenommen“, zitiert die Zeitung das Rechtsanwaltsschreiben.
Eine Auskunftsklage des „Tagesspiegels“ gegen das Kanzleramt habe ergeben, dass sich die Kanzlerin zunächst nur online über das „Schmähgedicht“ informiert habe, in einem Artikel,der nur einen Ausschnitt des Beitrags gezeigt habe. Das Kanzleramt äußerte sich zunächst nicht. Andreas Heimann